: Kollege Computer lahmt immer noch
■ Die Amerika-Gedenkbibliothek in Kreuzberg nach der Sommerpause: Moderne, aber noch zu langsame EDV / Mehr Möglichkeiten der Buchrecherche für Publikum ohne Fachwissen / Videos im Angebot
Niemand brauchte die Amerika-Gedenkbibliothek (AGB) zu ihrer Wiedereröffnung absperren – wie das 1954 der Fall war, als das gespendete Bücherhaus unter Polizeischutz die Pforten öffnete. Dennoch passierten am Mittwoch ausweislich des elektronischen Zählwerks knapp 7.000 die „Buchsicherungsanlage“. Seit neuestem ist diese Diebstahlsicherung mit der neuen Computeranlage der Bibliothek vernetzt.
Die nun erstmalig für die Leser zugängliche EDV soll viel besser sein als die vor acht Jahren eingebaute Anlage: Auf verschiedenen Wegen können Bücher recherchiert werden. Neu ist auch, daß die Leser es nun selber tun dürfen. Dem Hauptproblem der AGB, der Überlastung bei täglich 4.000 Ausleihen, wird Kollege Computer jedoch nicht beikommen. Die Verbuchung ist der gleiche Vorgang, verriet Bibliothekarin Constanze Müller, „bloß daß es vermutlich etwas länger dauern wird“. Der Grund: „Wir haben uns entschlossen, früher aufzumachen, obwohl wir eigentlich nicht ganz soweit sind.“ So erläutert es die Direktorin der Landesbibliothek, die den ganzen Tag über selbst an der Benutzeranmeldung saß.
Zwei Monate war die Bibliothek am Kreuzberger Blücherplatz geschlossen, um den neuen Computer zu installieren und die 180 Mitarbeiter daran zu schulen. Die umbaubedingten Leihfristen enden jedoch erst im Oktober – was gut ist, denn die Bibiothek würde kollabieren, wenn alle ihre Bücher auf einmal zurückbrächten. Eine Vorstellung, vor der den AGB- Mitarbeitern graut.
„Die Korrekturtaste müssen Sie am besten nur anhauchen“, empfiehlt nicht ohne Stolz Ute Müller, eine der Bibliothekarinnen. Sie erklärt fünf Lesern die wesentliche Neuheit der AGB, das OPAC. Das ist der „Online Public Access Catalogue“, also nichts anderes als ein elektronischer Katalog. Über fünf Bildschirme ist er zugänglich. Was an seinen alten Brüdern aus Blech und Papier, etwa dem systematischen und dem Autorenkatalog, viel Lauferei bedeutete (oder gar nicht möglich war), geht nun einfacher: Ein Buch sucht man ab jetzt mit einem Stichwort (aus dem Titel) oder über den Autor oder mittels eines Schlagwortes (das Thema des Buches); Leser können die Signatur eingeben, aber sowohl Titel wie auch Reihentitel helfen bei der Suche. „Sehen Sie“, schwärmt Frau Müller in strengem Blau, „so was reißt mich hin. Da kann auch das Publikum ohne Kenntnis von Fachtermini sein Buch finden.“
Geändert hat sich auch die Struktur der AGB, wenn auch geringfügig. Das „Allgemeine Wissen“ wurde auf andere Abteilungen verteilt. Statt dessen gibt es nun „Fine Arts“. Dort finden sich Musik und Kunst und Theater, sprich CDs, Schallplatten, Kunstkataloge, Partituren – und neuerdings auch Videos. In zwei Jahren, zum hundertjährigen Geburtstag der Filmkunst, soll das Publikum in der AGB Filme ausleihen können wie Bücher: also umsonst. Christian Füller
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