: Absolut filzfrei
■ Die taz-Serie zur Wahl / Heute Folge 8: Wirtschaftssenator Hans-Jürgen Krupp
Das taz-TÜV-Team stellt sie selten, doch hier kam sie nicht daran vorbei, an der Sinnfrage: Warum, um Pfeffersacks willen, braucht Hamburg eine Wirtschaftsbehörde? Ist doch alles schon da, in bester Selbstverwaltungstradition und förmlich eins mit dem Rathaus: die Handelskammer. Nun gut, Hamburg hat eben eine. Ein Wirtschaftssenator hat demnach praktisch keine Aufgabe, zumal wenn in einer Boom-Town-Ära alles von selbst wie geschmiert läuft. Glückskind Hans-Jürgen Krupp.
Auch filzmäßig ist der Wirtschaftssenator fein raus. Sein „Amt für Strom und Hafenbau“, um ein Mehrfaches größer und bedeutsamer als der ganze Rest seiner Behörde, macht das ganz alleine. Im Hafen, wo der Filz am feinsten, wissen die Schwänze, wie man mit den Hunden wackelt. Auch persönlich schwebt Krupp, der Herr Professor von auswärts, ganz hausmachtfrei über dem hanseatischen Sozidschungel, ein Tarzan, dessen Lianen Voscherau persönlich stiftete. Testergebnis: Krupp ist absolut filzfrei.
Ein Senator, der komplex und kreativ denken kann, der in der Lage ist, seine Reden auch mal selbst zu schreiben, Jovialität und souveräne Umgangsformen mitbringt - gibt es den wirklich? Das taz-Test-Team war überrascht. Den gibt es: Prof. Dr. H.-J. Krupp. Stände seine komplexe Denkweise nicht manchmal im Widerspruch zu knackiger Verständlichkeit und wäre seine Loyalität zum Senatsmief nicht allzu heftig - Krupp hätte ein echtes Nordlicht sein können. Dennoch: Seine öffentlichen Emissionswerte sind beachtlich, für Hamburger Verhältnisse geradezu sensationell.
Kein Wunder, daß Krupp auch im Leistungstest punkten kann: Repräsentieren, Reden halten, als Vizebürgemeister eine gute Figur machen, aber weder der Handelskammer noch dem Hafenfilz in die Quere kommen - all das löst Krupp mit Bravour. Weiß man, daß Krupp sogar Effizienz und Diensteifer in den oberen Etagen des Behördenturms am Steinweg nachhaltig vorangebracht hat, wird sich niemand wundern, wenn das taz-Team ihm auf Anhieb attestiert: senatstauglich.
Florian Marten
Das Testergebnis im Überblick:
Filz: Fehlanzeige
Emissionswerte: Befriedigend, im Hamburger Maßstab überragend
Leistung: Annehmbar
Am Montag Folge 9: Kultursenatorin Christina Weiss
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