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„Wir waren nichts als Sklavinnen“

■ Zwangsprostituierte der Japaner fordern Entschädigung

Berlin (taz) – „Wir waren nichts als Sklavinnen, nur Objekte. Es gab keine Menschlichkeit“, bricht es aus Pil-Gi Moon heraus. Die 68jährige Koreanerin aus Seoul kann nur stockend über ihre Vergangenheit als Zwangsprostituierte des japanischen Militärs im Zweiten Weltkrieg berichten. Sie ist eine von geschätzten 200.000 Koreanerinnen und Hunderten von indonesischen, philippinischen, chinesischen, taiwanesischen und malaiischen Mädchen, die vom japanischen Militär verschleppt und sexuell versklavt wurden. Nicht mitgerechnet holländische Frauen aus der ehemaligen Kolonie Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien.

Zwischen zwanzig und dreißig Soldaten mußte Pil-Gi Moon täglich „bedienen“. Erfüllte sie ihr vom Vorsteher des Bordells festgelegtes Soll nicht, folgten Prügel, Folter mit heißen Bügeleisen oder Essensentzug. Pil-Gi Moon berichtete auf der internationalen Konferenz zum Thema „Krieg und Vergewaltigung“, die am Wochenende in Berlin stattfand. Während sie ihre Geschichte unter Tränen herausschrie, herrschte erschüttertes Schweigen im Saal. Die Vertreterin einer holländischen Initiative wies bloßes Mitleid zurück. „Sie sind nicht nur Opfer, sondern auch aktive Frauen. Sie haben überlebt, und sie haben eine Entschädigung mehr als verdient“, forderte Frau Karvinius. Diese verweigert Japan bis heute und verweist auf das Japanisch-Südkoreanische Abkommen von 1965, mit dem alle Schuld abgegolten sei.

Für ihre Entschädigung wollen Frauen aus Korea und den Philippinen kämpfen. Sie haben die japanische Regierung verklagt. „Wir fordern eine individuelle finanzielle Entschädigung, eine offizielle Entschuldigung der Regierung, die Offenlegung aller Fakten, eine Ergänzung der Geschichtsbücher und die Errichtung eines Denkmals“, faßte die koreanische Frauenrechtlerin Eun Hee Chi zusammen. Die unlängst von der Regierung vorgebrachte Entschuldigung ist „ohne Entschädigung nichts als ein Schwindel“, so die 70jährige holländische Zwangsprostituierte Ellen van der Ploeg.

Mizuho Fukushima, die einige Klägerinnen vertritt, zeigte sich zuversichtlich. „Der internationale Druck“, so die japanische Rechtsanwältin, „und der Druck der Frauenorganisationen wächst. Japan muß reagieren.“ Doch die Zeit arbeitet gegen die Frauen. Daß überhaupt mehr als 20 Frauen ihr schamvolles Schweigen gebrochen haben, ist lokalen Frauenorganisationen zu verdanken. Im asiatisch- pazifischen Raum hat sich dadurch eine Bewegung entwickelt.

„Es ist mir ein Trost, daß ich vielleicht mit meinen Aussagen einen Beitrag leisten kann, Vergewaltigung im Krieg zu verhindern“, sagte leise die 65jährige Maria Rosa Henson von den Philippinen. Angesichts der Konferenzberichte von Vertreterinnen von Fraueninitiativen aus Zagreb und Belgrad über dortige Vergewaltigungsopfer ein frommer Wunsch. Tanja Stidinger

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