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SPD-Parteirat billigt den Großen Lauschangriff

■ Parteigremien auch bei Blauhelm-Einsatz einig / Klose gestärkt

Bonn (taz) – Die SPD hat alle Weichen für einen konfliktarmen Parteitag gestellt. Nachdem am Montag der Parteivorstand den vorliegenden Anträgen seinen Segen gegeben hatte, billigte gestern auch der Parteirat, formell das höchste Gremium nach dem Parteitag, die Leitlinien zur inneren und äußeren Sicherheit. Nach einer „sehr, sehr fairen Diskussion“, wie der Parteiratsvorsitzende Ringstorff mitteilte, habe sich eine „überwiegende Mehrheit“ gefunden, die dem Parteivorstand folge.

Im außenpolitischen Antrag legt die SPD ihre Haltung zur umstrittenen Frage künftiger Bundeswehreinsätze fest. Kampfeinsätze bleiben demnach ausgeschlossen, die SPD befürwortet jedoch weitgefaßte Blauhelm-Einsätze mit dem Recht auf Selbstverteidigung und die Verteidigung des Auftrags. Ausdrücklich als „Paket“ wollen die Parteigremien und Parteichef Rudolf Scharping ihre Beschlüsse zur Inneren Sicherheit verstanden wissen, die den Großen Lauschangriff möglich machen. Vor allem gehe es darum, die „finanziellen Anreize zur Organisierten Kriminalität“ (Scharping) zu beseitigen. In der Einzelfrage Lauschangriff gab es im Parteivorstand sieben Gegenstimmen, bei der Schlußabstimmung über den Antrag enthielten sich drei Parteivorstandsmitglieder.

Parteivorstand und Parteirat billigten außerdem die Vorschläge zur Parteireform, die der Parteitag Mitte November beschließen soll. Eine Öffnung der Partei für Nichtmitglieder und höhere Mitgliederrechte sollen die SPD zur „modernsten Partei in Deutschland“ (Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen) machen.

Die Blauhelm-Beschlüsse schließen für Scharping ein, daß Verhandlungen mit der Union über die verfassungsrechtlichen Fragen vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts keinen Sinn machen. Ein Personalproblem sieht Scharping nicht. Er habe „überhaupt keine Veranlassung“, über die Zusammensetzung seines Wahlkampfteams zu spekulieren. In diesem Team ist Fraktionschef Hans-Ulrich Klose, der eine abweichende Meinung vertritt, für die Außenpolitik zuständig. „Der Tanker bekommt Kurs und Fahrt“, und zwar „nach vorn“, war die Devise des Parteichefs nach den beiden Sitzungstagen in Bonn. In den Mittelpunkt der Parteidebatte gehörten endlich die Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Die SPD müsse sich für die Wettbewerbsfähigkeit, die Modernisierung des Sozialstaats interessieren.

Allein: Hier fehlt bisher der Antrag. Die Arbeitsgruppe unter der Leitung von Parteivize Oskar Lafontaine ist noch nicht soweit und hat bisher lediglich einen Zwischenbericht vorgelegt. T. Bruns

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