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■ InterviewVorbild Großbritannien

taz: Was machen die Massenmedien – seien es Fernsehen, Radio oder Zeitungen – bei der Berichterstattung über Ausländer immer noch falsch?

Josef Eckhardt: Das ist eine Frage, die wirklich nicht so leicht zu beantworten ist. Es wird vieles versäumt, vieles wird auch richtig gemacht. Aber oft wissen Journalisten und Medienvertreter selbst nicht so recht, wie man in diesem hochsensiblen Bereich richtig vorgehen soll. Deshalb bemühen wir uns, durch Forschungsprojekte psychologische Fragen abzuklären, um auf diese Weise Redakteuren, die nicht länger ungefragt Klischees übernehmen und nur nachplappern, sich also engagieren wollen, eine Hilfe zu leisten.

Was, würden Sie sagen, ist das typisch Falsche an der Thematisierung von Ausländern in Berichten und Kommentaren?

Falsche Darstellungen beruhen sehr häufig auf der schematischen Präsentation bestimmter Bevölkerungsgruppen. Überhaupt ist es ein Grundfehler der deutschen Medien, daß Ausländer nicht als ein selbstverständlicher Teil des deutschen Gesellschaftslebens gezeigt werden, sondern als eine Besonderheit, als etwas, was abgesondert ist. Vermittelt wird, wenn Sie so wollen, das Bild des Exotischen ...

... das ja zwei Seiten hat ...

... im negativen wie im positiven Sinne, richtig. Und genau in diesem Spannungsfeld sehe ich das Dilemma. Denn selbst diejenigen, die bewußt etwas für Ausländer und die Verständigung zwischen den Kulturen dieser Republik tun wollen, erreichen nicht immer das, was sie beabsichtigen.

Wie kann man das verhindern?

Indem man Leute, die sich mit der Thematik Ausländer befassen wollen, intensiv schult. Und zwar systematisch in allen Medienbereichen. Wir haben beim WDR Seminare organisiert, in denen die Probleme eingehend diskutiert und analysiert werden.

In dem Flaggschiff der ARD, den „Tagesthemen“, durften Ausländer als Kommentatoren zum ersten und bisher einzigen Mal nach den Morden von Solingen einem größeren Publikum ihre Sicht vermitteln. Muß noch einmal Mölln oder Solingen passieren, damit ihre Meinung in dieser Informationssendung wieder gefragt ist?

Wir haben noch einen langen Weg, um dahin zu kommen, wo zum Beispiel die Briten bereits seit Jahrzehnten sind, die – wenn ich richtig weiß – ihre verschiedenen Minderheiten sogar quotiert in ihren Programmen zu Wort kommen lassen. Dennoch, ich habe den Eindruck, daß sich das Bewußtsein hierzulande in diese Richtung verändert.

Ausländische Journalisten kommen erst recht nicht in Leiterpositionen vor. Können Sie sich jemanden aus Ihren Ausländerprogrammen als WDR-Intendanten oder Politikchef vorstellen?

Ausländer als WDR-Intendanten? – das müßte ein ganz besonderer Mensch sein. Im Prinzip ja, aber praktisch sehr unwahrscheinlich. Ein Ausländer, der hier einen solchen Posten bekleiden will, müßte eine journalistisch herausragende Entwicklung durchmachen wie ein Deutscher, zum Beispiel unser Friedrich Nowottny. Und das ist sehr schwer: eine fast unerfüllbare Bedingung.

Also mindestens noch dreißig Jahre dort arbeiten, wo man oder frau bisher noch nicht herangelassen wird, wenn man/frau als Journalist das Pech hat, einen ausländischen Namen zu tragen.

So würde ich das sehen, ja.Interview: Beniamino Di Carof

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