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Kriegsschiffe für Indonesien

Militärisches Zeremoniell und Proteste zum Auslaufen von ehemaligen NVA-Schiffen nach Indonesien / Proteste wegen Verletzung der Menschenrechte in Timor  ■ Aus Neustadt Kai von Appen

Auf Transparenten war es deutlich zu lesen: „Wir klagen die Bundesregierung des Völkermords an – keine deutschen Schiffe für den indonesischen Krieg in Ost-Timor“. Begleitet von Protesten, sind gestern mit einem militärischen Zeremoniell im Marinehafen Neustadt in Ost-Holstein zwei Kriegsschiffe der Condor-II-Klasse aus Beständen der ehemaligen Nationalen Volksarmee an die indonesische Marine übergeben worden. Die Festlichkeiten fanden im Beisein hoher deutscher und indonesischer Militärs und geladener Gäste aus Wirtschaft und Medien statt.

Die indonesischen Militärs mußten sich vor dem Marine- Stützpunkt den Weg durch die rund 20 ProtestlerInnen bahnen. Der oberste indonesische Marine- Chef ließ sich sogar mit dem Bundeswehrhubschrauber einfliegen. Die Polizei griff gegen die Demonstranten jedoch nicht ein.

Die zwei Condor-Minenräum- und Suchschiffe, die noch über funktionstüchtige Abschußrampen für Luftabwehrraketen verfügen, sind Bestandteil einer Lieferung von 39 Condor-Schiffen nebst Logistik und drei im Bau befindlichen U-Booten. Die indonesischen Militärs bekommen die 39 Schiffe für den Schnäppchenpreis von 20 Millionen Mark. Dennoch reißt der Waffendeal in den indonesischen Entwicklungsetats ein Loch. Denn die Indonesier müssen über eine Million Dollar dafür aufbringen, die Schiffe für ihre Zwecke nutzen zu können. So werden die Condor-Boote zunächst für 315 Millionen Dollar in Deutschland überholt. Die gestern getauften Schiffe kommen beispielsweise gerade aus den Docks der Peene-Werft in Wolgast. Die Überführungen aller 39 Schiffe verschlingt weitere 94 Millionen Dollar. Dann werden die Condor- Schiffe auf der staatlichen Werft in Indonesien (PT TAL Industries) für weitere 340 Millionen Dollar an indonesische Verhältnisse angepaßt.

Um die Schiffe überhaupt bedienen zu können, werden in den nächsten Monaten 1.600 indonesische Marinesoldaten bei der Firma Ferro-Stal in Neustadt geschult. Für die Zeit des Unterrichts sind sie in der Marinebasis untergebracht. Die Schulung muß im Westen absolviert werden, weil die Indonesier wegen des 2+4-Abkommens nicht in Rostock oder Wolgast unterrichtet werden dürfen – die Russen hatten „njet“ gesagt.

Der Rüstungsdeal mit Indonesien ist in Bonn heftig umstritten. Weil Indonesien dem Asean-Pakt angehört, komme dies, so die BRD, einer Nato-Mitgliedschaft gleich.

Die SPD hingegen sieht in dem Waffengeschäft ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Die Sozialdemokraten befürchten, daß die Indonesier die Kriegsschiffe gegen die Bevölkerung Ost- Timors einsetzen werden, deren Gebiete von den Indonesiern seit Jahren besetzt sind, und wo Menschenrechtsorganisationen mehrfach auf Verletzungen des Menschenrecht aufmerksam gemacht haben.

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