■ Experiment Biosphäre II nach zwei Jahren beendet: Ein Leben unter der Käseglocke
Oracle (AFP/AP/taz) – Die vier Frauen und vier Männer, die zwei Jahre in der Wüste von Arizona unter einem riesigen Glas-Dom verbracht haben, sind am Sonntag wieder in die normale Umwelt zurückgekehrt. Sie wirkten etwas abgemagert, waren aber offenbar zufrieden mit dem Ablauf des Experiments „Biosphäre II“.
Die in futuristisches Blau gekleideten „Außerirdischen“ wurden von etwa 2.500 Menschen erwartet, als sie aus dem 1,26 Hektar großen Areal hervortraten, wo sie seit dem 26. September 1991 eingeschlossen waren.
Die Organisatoren tauften dieses Ereignis in Anlehnung an die Rückkehr zur Erde von Raumfähren „Wiedereintritt“. Auf den anschließenden Feiern wurden noch Videos von den Höhepunkten des Experiments gezeigt. Ferner waren noch Diskussionen zu Fragen der Ökologie geplant, Autogrammstunden sowie Vorführungen im Kochen mit Sonnenenergie.
Das Experiment, das von dem texanischen Milliardär Edward Bass finanziert worden ist, sollte beweisen, daß der Mensch zu einem autarken Leben in der Lage ist. Außerdem sollte dieser Großversuch der Vorbereitung des Lebens auf einem anderen Planeten dienen.
„Das ist ein einmaliger Moment“, sagte Experimentsteilnehmer Mark Nelson. Niemand habe geglaubt, daß der Versuch klappen würde. Aber es sei gelungen, alle Teilnehmer seien gesund und glücklich, sagte Nelson. Sie hätten nur Produkte aus eigenem Anbau gegessen. Nach ersten Messungen verloren die acht Menschen in den zwei Jahren unter den künstlichen Klimabedingungen etwa 14 Prozent ihres Körpergewichtes.
Das riesige Treibhaus war als ein Mikrokosmos der Erde angelegt. So befanden sich darin ein tropischer Regenwald, ein „Ozean“ mit einem Korallenriff, eine Wüste, eine Savanne, Sümpfe sowie 3.800 Arten von Pflanzen und Tieren.
Es sei ein wunderschönes Leben gewesen, erklärte Nelson. Innerhalb von fünf Minuten habe er aus der glühendheißen Wüste in einen tropischen Regenwald gehen können oder zur Reisernte wie in Asien.
Die „Bionauten“, alles Singles, hatten sich für ihr Zusammenleben keinerlei Verpflichtungen unterworfen, außer einer: keine Schwangerschaften. Ob es zu gefühlsmäßigen Annäherungen, Romanzen oder Streitigkeiten gekommen sei, wollte Nelson – wie alle seine Kollegen – lieber für sich behalten. Von den Verantwortlichen wurde der Versuch als voller Erfolg eingeschätzt, auch wenn der Grundsatz der völligen Abgeschlossenheit von der Welt nicht ganz eingehalten werden konnte. Einmal mußte frische Luft in die Glaskuppel gepumpt werden, um die an undichten Stellen entstandenen Verluste auszugleichen; zweimal wurde reiner Sauerstoff zugeführt, weil die Pflanzen nicht die berechnete Menge Sauerstoff produzierten und somit die Zusammensetzung der Luft nicht mehr stimmte.
Auch konnten die Bionauten nur achtzig Prozent der benötigten Nahrung selbst produzieren. Sie mußten daher auf eingelagertes Saatgut zurückgreifen, um sich zu ernähren. Eine Teilnehmerin mußte sogar gleich im Oktober des ersten Jahres noch einmal die Isolation für eine Daumenoperation verlassen.
Der 50 Kilometer von Tucson entfernte Glas-Dom wurde innerhalb der zwei Jahre des Experimentes zur zweitgrößten Touristenattraktion Arizonas. 450.000 Menschen kamen, um sich die künstliche Welt von außen anzuschauen. Lediglich der Grand Canyon lockte noch mehr Besucher an. Der nächste Isolationsversuch ist auch schon in Planung: Im kommenden Februar soll eine neue Mannschaft das Experiment „Biosphäre III“ starten.
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