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SPD vor Zerreißprobe

■ Richtungsstreit um Rot-Grün spaltet Sozis / Fällt heute eine Entscheidung?

Hamburgs SozialdemokratInnen stehen heute abend vor der vielleicht härtesten innerparteilichen Zerreißprobe der letzten 20 Jahre. Die Entscheidung des SPD-Landesvorstandes über den ersten ernsthaften Koalitions-Verhandlungspartner wird von allen Lagern bereits jetzt zur Entscheidungsschlacht emporstilisiert. Wie seit Jahren nicht mehr prägten organisierte Richtungskämpfe und Mauschelrunden das Bild.

Eine starke Funktionärsminderheit um den angeschlagenen SPD-Fraktionsvorsitzenden Günter Elste kämpfte in den vergangenen Tagen mit Kreuzzugseifer gegen die Option Rot-Grün. Umgekehrt bereitet sich die Linke genüßlich darauf vor, im Fall des Sieges von Rot-Grün die Früchte des langen stillen Marsches zu ernten. Eine inszenierter Stellvertreter-Krieg der Gewerkschaften beleuchtet die Szenerie: In letzter Sekunde gelang es Elste und Co., wenigstens die Beton-Gewerkschaften Bau-Steine-Erden und Chemie aus dem rot-grünen Gewerkschaftsblock herauszubrechen.

Auch die SPD-Linke sammelte ihre Bataillone und schwärmt siegessicher von der knappen, aber klaren Mehrheit für Rot-Grün. Ihr größtes Handicap heißt Henning Voscherau: Da es – zumindest aus den Hamburger SPD-Kadern – keine wirkliche personelle Alternative zum amtierenden Stadtchef gibt, müßte jemand Rot-Grün repräsentieren, dem dieser Anzug überhaupt nicht paßt.

Schlimmer für Voscherau als die grünen Koalitionäre ist dabei sein Horror vor jenen Linken, die er in den 80er Jahren noch so erfolgreich als SPD-Fraktionschef im Zaum hielt. Die komplizierte Gemengelage macht eine Prognose über den Ausgang der Entscheidung heute abend fast unmöglich. Wieder einmal ist bei der SPD alles denkbar: Neben Rot-Grün (Henning macht mit), Statt-Partei (Mitte-Links-Mehrheit knickt ein – kommt dann eine Befragung der Parteibasis?), sind auch die Variationen Dreier-Kiste (Rot-Statt-Grün) und Minderheitsregierung (Norwegen läßt grüßen) noch nicht ganz aus dem SPD-Entscheidungsspielkasten verschwunden.

Florian Marten

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