■ Nachgefragt: "Alles Wichtige bleibt liegen"
Klaus Wedemeier ist schon ganz aufgeregt. Heute wird er nicht bloß turnusmäßig zum Vorsitzenden des Bundesrates — und damit zum dritten Mann in Staat — gewählt, kurz darauf muß er auch gleich schon den ersten Mann vertreten: Denn immer wenn Richard von Weizsäcker jetzt verreist, wird er zu Hause von Klaus Wedemeier vertreten. Wir fragten in der Villa Hammerschmidt nach, was für Aufgaben denn da auf den Bremer Bürgermeister zukommen.
taz: Klaus Wedemeier ist als neuer Bundesratspräsident jetzt auch der Vertreter von Richard von Weizsäcker. Wieviel Zeit muß denn Wedemeier dafür ungefähr einplanen?
Hans-Jürgen Heimsoeth (pers. Referent des Bundespräsidenten): Normalerweise ist das nicht sehr viel. Anfang November fährt der Bundespräsident nach Südamerika. Wenn aus irgendeinem Grund zu dieser Zeit ein Staatsgast kommen würde, der vom Bundespräsidenten empfangen werden sollte, dann könnte Herr Wedemeier ihn dann hier in der Villa Hammerschmidt betreuen.
Muß aber nicht?
Also in den 5 Jahren, wo ich hier bin, ist das nie vorgekommen.
Die Termine werden rechtzeitig abgestimmt?
Ja. Die Hauptarbeit ist deshalb etwas anderes: Der normale Fluß von Gesetzen und Urkunden, die vom Bundespräsidenten unterschrieben werden, müssen weiter unterschrieben werden. Wenn der Bundeskanzler zum Beispiel ganz kurzfristig einen neuen Minister ernennen müßte, dann muß das unterschrieben werden.
Dürfte Wedemeier das, ohne Weizsäcker vorher zu fragen?
Ich gehe davon aus, daß man in Kontakt treten würde. Es handelt sich fast immer nur um Schriftverkehr.
Muß Wedemeier dafür in die Villa Hammerschidt kommen?
Nein, in die Villa Hammerschmidt auf keinen Fall. Er hätte dort ja auch gar keinen Arbeitsplatz. Theoretisch kann er das überall unterschreiben, wo er ist — auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland. Der Bundespräsident selber unterschreibt auch genauso in Berlin wie in Bonn. Warum also nicht in Bremen?
Die Pflichten als Bundespräsidenten-Vertreters scheinen gering.
So ist es. Es sind schon jeden Tag ein paar Unterschriften, aber es ist nicht so, daß Wedemeier darunter zusammenbrechen wird.
Müßte sich Wedemeier mit den Dokumenten inhaltlich auseinandersetzen?
Allermeistens bleiben die wichtigen Sachen sowieso liegen, bis der Bundespräsident wieder da ist. Das beschränkt sich doch mehr auf Routinesachen.
Und für den Fall, daß Weizsäcker wirklich mal für längere Zeit krank ist?
So ein Problem haben wir noch nicht gehabt. Bei Heinemann war es mal so, daß er krank wurde, als der japanische Kaiser Hirohito kam. Da ist dann der Bundesratspräsident eingesprungen. Fragen: Dirk Asendorpf
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