■ Das Portrait: Sana Rezai
Sie heißt nicht Sana Rezai. Wir nennen sie so, weil wir nicht einmal ihren Namen veröffentlichen können. Sie ist eine junge Frau aus Teheran, und sie hat noch wenige Wochen zu leben, wenn nicht irgendein Wunder geschieht. Sie lebte mit ihrem Mann und zwei Kindern in einem der ärmeren Viertel der iranischen Hauptstadt, bis sie vor einigen Monaten von Nachbarn bei ihrem Mann verpfiffen wurde. Sie hätte einen Freund. Das reichte, um den Mann gegen sie aufzubringen. Der stand eines Tages mit Mitgliedern der „Revolutionswächter“ im eigenen Haus, um seine Frau wegen Ehebruchs verhaften zu lassen. Sana Rezai bestritt nicht, daß sie einen Freund habe. Sie kam ins Gefängnis und ihr wurde der Prozeß wegen „Ehebruchs“ gemacht. Die Richter verurteilten sie zum Tode.
Noch lebt Sana Rezai, denn solche Todesurteile gegen Frauen werden erst drei Monate nach der Urteilsverkündung vollstreckt. In dieser Zeit soll sich herausstellen, ob die Frau schwanger ist. Wenn ja, läßt man die Verurteilte leben, bis sie das Kind zur Welt gebracht hat, und tötet sie dann. Ist sie nicht schwanger, wird sie nach drei Monaten getötet. Sana Rezai ist nicht schwanger. Sanas Mann sagt, daß er den Tod seiner Frau nicht gewollt habe. In den letzten Wochen wurde er mehrfach beim Gericht vorstellig und bat um Gnade für Sana, ohne Erfolg. Das Gericht habe entschieden, wurde ihm gesagt, nach den Gesetzen des „islamischen Rechts“. Die Richter der „Islamischen Republik Iran“ berufen sich auf die Religion, um Mord zu legitimieren. Der Koran sieht ein solches Urteil zweifelsfrei nicht vor.
Freunde der Familie schalteten sich ein. Ein einflußreicher iranischer Jurist versuchte, die Richter zu einer Revision ihres Spruches zu bewegen. Ohne Erfolg.
Foto: Gernot Huber
Ein in Berlin lebender iranischer Bekannter von Freunden der Familie versucht nun, zu tun was er kann, um Sana vor dem Tod zu bewahren. Er informierte Menschrechtsorganisationen und Medien, darunter die taz.
Noch lebt Sana Rezai. Sie ist kein Einzelfall in den iranischen Gefängnissen. Aber außer den Tätern und Handlangern in den Behörden Teherans weiß wohl niemand genau, wieviele andere Frauen in iranischen Kerkern aus dem gleichen Grund auf die Vollstreckung eines Todesurteils warten. Nina Corsten
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