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Israel dementiert den Waffenhandel, doch niemand glaubt es

■ US-Geheimdienst CIA wirft Israel vor, seit Jahren US-Rüstungstechnologie an China geliefert zu haben

Tel Aviv (taz) – „Sicherheitsbeziehungen mit China gibt es bestimmt. So was läßt sich schon sagen“, erklärte der Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministers, David Ivri, gegenüber dem Rundfunk seines Landes. Er könne jedoch nichts über Zahlen und Details von Rüstungsgeschäften zwischen beiden Staaten sagen, denn „prinzipiell reden wir über solche Transaktionen nicht. Das ist unsere Pflicht und Schuldigkeit all den Ländern gegenüber, mit denen wir solche Beziehungen und Geschäfte pflegen wollen.“

Das eher heikle Thema der Waffengeschäfte zwischen Israel und China war in den Vordergrund des Staatsbesuches des israelischen Premiers Jitzhak Rabin in Peking gerückt, nachdem die US-amerikanische Presse am Dienstag aus einem CIA-Bericht zur bilateralen Rüstungskooperation zitiert hatte. Wie es in der New York Times hieß, beabsichtige Israel, seine bereits zehn Jahre laufenden China- Geschäfte mit modernen Waffen weiter auszubauen.

Laut dem CIA-Bericht hat Israel angeblich trotz westlicher Bedenken über die Aufrüstung Chinas fortlaufend Technologien an China verkauft – auch ungeachtet der Tatsache, daß Peking Waffen an Pakistan und den Iran liefert. Es scheint, daß Israel und China einer Formalisierung und Erweiterung ihrer militärtechnischen Zusammenarbeit näherkommen, schrieb die New York Times und zitierte damit CIA-Direktor R. James Woolsey. Zu diesem Programm gehören Kampfflugzeuge, Luft- Luft-Raketen und Panzer. Peking hofft auf Israels Hilfe bei der Entwicklung von Technologien, die China nur schwer allein entwickeln kann, wie moderne Panzertriebwerke und von Flugzeugen getragene Radarsysteme.

Die Chinesen hoffen überdies, so der CIA-Chef, durch eine solche Formalisierung der Beziehungen einen Teil ihrer Auslagen für Militärtechnologien aus Israel, die in mehr als einem Jahrzehnt gemacht wurden, wieder einzubringen. Dies könnte zum Beispiel gelingen, wenn sich Israel für die chinesischen Raumfahrtprogramme und deren Mitbenutzung interessieren ließe. Eine intensivere Zusammenarbeit ließe die Frage offen, ob Israel bereit ist, China an dem Projekt der Entwicklung der antiballistischen „Arrow“-Rakete teilhaben zu lassen.

Israel wiederum könnte versuchen, so die Zeitung, die Last der Entwicklungs- und Produktionskosten durch den Verkauf der Systeme ins Ausland zu verringern.

CIA: Das war ein Milliardengeschäft

Woolsey warnte jedoch, daß dazu die amerikanische Einwilligung gegeben werden müßte, weil das Arrow-System von Amerika kontrollierte Komponenten und Technologien verwendet.

Auch der US-Fernsehsender NBC berichtet über israelische Waffengeschäfte mit China im letzten Jahrzehnt, die Milliarden Dollar gekostet haben sollen. Unter anderem solle die Regierung in Jerusalem Technologien des in Israel konstruierten – aber auf US- amerikanischen Wunsch aus der Produktion gezogenen – „Lavie“ Kampfflugzeuges an China verkauft haben, ebenso wie Luft-Luft- Raketen-Technologie. Beim Ankauf hatte sich Israel verpflichtet, derlei Waffen an keine dritten Länder weiterzuverkaufen.

Bereits am Montag berichtete NBC, daß ein Senatsbericht, der noch in dieser Woche veröffentlicht werden soll, Israel beschuldigt, Militärausrüstung, die ursprünglich in Amerika entwickelt worden war, an China weiterverkauft zu haben, was gegen das amerikanische Gesetz verstößt. „Die Chinesen wollen von Israel moderne Technologien bekommen, die Amerika und (andere) westliche Firmen nicht zu liefern bereit sind“, heißt es bei NBC.

Israel wurde bereits in der Vergangenheit von den USA beschuldigt, derlei Waffen weitergeleitet zu haben. Aber der Vorwurf eines gesetzwidrigen Technologieverkaufs an China scheint neu zu sein.

Nach dem Golfkrieg hatte eine US-Untersuchungskommission, die Anschuldigungen gegen Israel wegen angeblichen Weiterverkaufs von Patriot-Raketen an China untersuchte, in Israel keine Beweise für die Richtigkeit solcher Vorwürfe finden können.

In Peking hat Premier Jitzhak Rabin, der zugleich das Amt des Verteidungsministers bekleidet, diese Anschuldigungen entschieden dementiert. Offiziell hat Israel im Jahr 1992 Waren für 60 Millionen Dollar an China geliefert, vor allem Chemikalien, Kommunikationsausrüstung und landwirtschaftliche Maschinen. Aus China eingeführt wurden Waren im Wert von 5 Millionen Dollar, vor allem Textilwaren. Israel habe niemals aus den USA stammende Rüstungsteile oder -technologie ohne Bewilligung weiterverkauft. Jerusalem sei nicht so dumm, drei Milliarden Dollar ziviler und militärischer Hilfe und die strategische Zusammenarbeit mit den USA aufs Spiel zu setzten.

Am Dienstag hatte sich Rabin, der auch Chef des Verteidigungsministeriums ist, mit Chinas Verteidigungsminister Chi Haotien über „gemeinsame Interessen“ unterhalten. Dabei sei es Israel darum gegangen, zu verhindern, daß chinesische Raketen oder Atomwaffen an den Iran geliefert werden, hieß es. Das gilt auch für einzelne Komponenten und das entsprechende Know-how über die Entwicklung solcher Waffen. China wurde auch gebeten, sich in Nordkorea gegen derlei Geschäfte mit Teheran einzusetzen.

Die Chinesen hätten mit dem Hinweis auf ihre strengen Lieferbedingungen bei Atommeilern gekontert. Im übrigen fänden sie es ratsam, daß auch Israel das internationale Abkommen gegen die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen unterzeichnet und Inspektionen der internationalen Atomkontrolle öffnet.

Wie israelische Zeitungen berichten, ärgert man sich in Washington über die sich intensiv entwickelnden Beziehungen zwischen China und Israel. Amos Wollin

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