■ Press-Schlag: Das liebste Spielzeug der Superreichen
Dem nordamerikanischen Sport steht ein heißer Herbst ins Haus. „World Series“ im Baseball, im American Football und Eishockey trennt sich langsam die Spreu vom Weizen, die Basketballer beginnen ihre Saison. Nicht weniger als 109 Profiteams buhlen in diesen vier Sportarten um das Geld der Zuschauer, auf das sie eigentlich gar nicht angewiesen sind. Die wirtschaftliche Basis der Mannschaften ist die Finanzkraft ihrer Besitzer. Dabei geht es zu wie an der Börse: Teams werden gekauft oder verhökert. Was gut ist, wird teuer beschafft, der Besitzer greift tief in sein Portemonnaie. Ob Professor oder Pensionär, Politiker oder Geschäftsmann: Zusammen haben die vielen Herren und wenigen Damen, die den amerikanischen Profisport dominieren, rund 32 Milliarden Dollar auf der Bank.
Klangvolle Namen aus Prominenz und Wirtschaft geben sich bei den Versammlungen der Klubbesitzer die Klinke in die Hand, Paul Allen und Ted Turner gehören dabei zu den Reichsten der Reichen. Medienmogul Turner (CNN) und Ehefrau Jane Fonda, die während eines Baseballspiels bereitwillig vor den Kameras die Hände zum Gebet faltet, lassen sich auch gerne beim Basketball sehen. Die Ehrenkarten gibt's umsonst, aber am Hungertuch nagen die Turners noch nicht: Teds Vermögen wird auf 1,9 Milliarden Dollar geschätzt, Jane bringt es auf 40 Millionen.
Zum Basketball zieht es auch Paul Allen: Der 40jährige Besitzer der Portland Trail Blazers hat 3,2 Milliarden Dollar auf seinem Konto. Zusammen mit Billy Gates gründete er 1975 die Softwarefirma Microsoft, zog sich aber bald aus dem Geschäft zurück. Nebenbei finanziert Allen, selbst leidenschaftlicher Gitarrenspieler, in Seattle ein Museum für den berühmtesten Künstler der Stadt: Rockmusiker Jimi Hendrix.
Dabei ist der Trend, ein Profiteam zu besitzen, erst in den letzten zwei Jahrzehnten aufgekommen. Noch in den Siebzigern hielten sich Geschäftsleute ihre Teams, um dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen. Geringe Zuschauerzahlen sorgten für rote Zahlen, die Verluste wurden von den Firmen steuerlich abgeschrieben. Wies die Bilanz schwarze Zahlen aus, wurden teure Spieler gekauft, bis der Buchhaltung bei den Verlusten die Augen tränten. Reichte auch das nicht, wurde ein Stadion gebaut.
Erst in den Achtzigern kam die Trendwende: Übertragungsrechte für Sportveranstaltungen wurden für das neue Kabelfernsehen zur begehrten Ware. Der Dollarhahn wurde geöffnet, die Milliarden flossen, die Profiteams entwickelten sich zu gewinnbringenden Unternehmen – und zur Extravaganza der Superreichen! Wer etwas auf sich hielt, griff zu. Allen und Turner, dem das Baseballteam der Atlanta Braves gehört, standen in der ersten Reihe. Erst im August dieses Jahres wurden die Baltimore Orioles verkauft: 173 Millionen Dollar mußten für das Baseballteam auf den Tisch geblättert werden. Lohnend, denn der Einzugsbereich der Orioles reicht von New York bis Washington, D.C. Über drei Millionen Kunden jährlich wollen Amerikas Nationalsport bei den Orioles sehen, zur Zeit wird ein neues und größeres Stadion gebaut. Baseball ist noch immer ein gigantischer Markt.
Mittlerweile liest sich die Mitgliederliste der Besitzer wie ein „Who is Who“ der amerikanischen Hochfinanz, Forbes Magazine läßt grüßen. Walter A. Haas, Urgroßneffe von Jeans-Vater Levi Strauss, hat 620 Millionen Dollar auf der hohen Kante und die Besitzscheine an den Oakland Athletics (Baseball) in seinem Denimhemd. Dem Großvater hat William Clay Ford seine 600 Millionen zu verdanken, seiner Frau Martha Firestone die Reifen an den Autos, den Detroit Lions (Football) die Erfolglosigkeit in Meisterschaftsspielen. Gene Autry (300 Millionen Dollar), „der singende Cowboy“, stimmt zur Zeit Klagelieder für seine California Angels (Baseball) an: Trotz seines Geldes konnte er seinen Engeln keine „World Series“ kaufen.
Bei so dicken Dollarbündeln nehmen sich die drei Millionen von George W. Bush recht bescheiden aus. Das ist nicht einmal genug, die Texas Rangers (Baseball) zu besitzen. Gerade über fünf Prozent Besitzanteile verfügt der Präsidentensohn: „Die Rangers sind meine vorrangige Beschäftigung, ein großer Teil meines Vermögens ist im Team investiert.“ Noch, denn auch Bush junior strebt in die Politik. Baseball als Sprungbrett zum Gouverneursposten, der Vater brachte es als ehemaliger Spieler gar zum höchsten Staatsamt. Dort beklagte sich der Senior allerdings über die schwierigen Bälle, die ihm zugeworfen wurden.
Verlierer dieser Milliardärsgesellschaft: die Spieler. Die Akteure werden wie Fleischware verkauft, Verweigerung ist unbekannt. Ganze Mannschaften werden mit ihrem Troß durch die Staaten geschoben, von Minnesota nach Texas, von Baltimore nach Indianapolis. Stimmen Absatzmarkt, geschätzte Zuschauerzahlen und der Stadionvertrag, gibt es kein Halten.
Berühmt-berüchtigt: Al Davis packte sprichwörtlich über Nacht seine Sachen, kehrte dem wirtschaftlich krisengeplagten Oakland 1982 den Rücken und siedelte seine Raiders in Los Angeles an. Die Verträge waren gut, die Konzessionsstände und Fernsehverträge lockten mit langfristigen Millionenbeträgen. Ein Platz an der Sonne in der Stadt der Engel ...
Ein Ende der Spirale ist nicht absehbar, Finanzjongleure und Manager reißen sich um die Investmentmöglichkeit im Namen ihrer großen Klienten. Hunderte stehen noch auf der Türschwelle, das Geld ködert auch die größten Fische. Nur wenige entkommen dem Lockruf des schnöden Mammons: Das Aktienpaket der Green Bay Packers verteilt sich auf über 1.800 Besitzer, freier Handel unmöglich. Der Gewinn wird der Gemeinde ausgezahlt, eine Dividende für die Aktionäre gibt es nicht. Auch das ist ein elitärer Kreis. Matthias Rauter
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