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Straßenschlacht in London

25.000 demonstrierten gegen die rechtsextreme „British National Party“ / 60 Verletzte, 28 Festnahmen / Eine zweite Kundgebung mit 5.000 TeilnehmerInnen verlief friedlich  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Eine der beiden Anti-Rassismus-Demonstrationen am Samstag in London verlief friedlich, die andere nicht. Bei der von der „Anti-Racist Alliance“ organisierten Kundgebung am Trafalgar Square, an der etwa 5.000 Menschen teilnahmen, gab es keine Zwischenfälle. Gleichzeitig hatte die „Anti Nazi League“ jedoch zu einer Demonstration in Welling im Südosten Londons aufgerufen, wo die rechtsextreme „British National Party“ (BNP) ihren Hauptsitz hat. Diesem Aufruf folgten etwa 25.000 DemonstrantInnen.

Londons Polizeichef Paul Condon hatte mit Unruhen gerechnet und sämtliche Polizeieinheiten in Alarmbereitschaft versetzt. Mehrere tausend Polizisten hatten über 40 Straßen rings um das BNP-Gebäude abgesperrt. Als eine Gruppe von DemonstrantInnen versuchte, die Absperrungen zu durchbrechen, kam es zu Zusammenstößen, die über anderthalb Stunden dauerten. Erst am Abend gelang es berittenen Polizisten, die Demonstration aufzulösen.

Bei der Straßenschlacht wurden 60 Menschen verletzt, darunter 19 Polizeibeamte. 28 DemonstrantInnen wurden verhaftet und müssen mit einer Anklage wegen Landfriedensbruch rechnen. Vier von ihnen stehen bereits heute vor Gericht. Einsatzleiter Hugh Blenkin lobte seine „großartige Truppe“, die in schweren Kampfanzügen angerückt war, und behauptete, die Attacken der DemonstrantInnen hätten sich auf einen schwarzen Polizisten konzentriert. Er sagte, er werde Videoaufnahmen von der Demonstration heranziehen, um „die professionellen Unruhestifter zu entlarven“, die die Ausschreitungen provoziert hätten. Die „Anti Nazi League“ gab diesen Vorwurf jedoch zurück und beschuldigte die Polizei der Provokation.

Die BNP hatte sich in den achtziger Jahren von der „National Front“ abgespalten und verlangt die „Rückführung“ sämtlicher schwarzen Einwanderer Großbritanniens. BNP-Chef John Tyndall hat eine Reihe von Verurteilungen wegen Aufstachelung zum Rassenhaß und unerlaubtem Waffenbesitz auf seinem Konto. Am 17. September wurde in Millwall im Osten Londons erstmals ein BNP-Politiker zum Gemeinderat gewählt. Seitdem haben die antirassistischen Organisationen ihre Aktivitäten verstärkt, zumal auch die Zahl der rassistischen Angriffe in letzter Zeit zugenommen hat.

Auf eine gemeinsame Linie konnten sich die Organisationen jedoch nicht einigen — geschweige denn auf gemeinsame Demonstrationen. Die gemäßigte „Anti Racist Alliance“, die von der Labour Party, den Gewerkschaften und vielen anderen Gruppen unterstützt wird, wirft der „Anti Nazi League“ und der „Youth Against Racism in Europe“ vor, lediglich Deckmäntel für die „Socialist Workers' Party“ und die trotzkistische „Militant“ zu sein. Der Anti- Rassismus sei für diese Organisationen nur vorgeschobener Grund, in Wirklichkeit würden sie ihre eigenen Interessen vertreten. Dazu gehören laut Jim Blumelha vom Vorstand der „Anti-Racist Alliance“ auch gewalttätige Auseinandersetzungen. Als Beispiel führte er eine Aktion gegen BNP-Zeitungsverkäufer in Ost-London vor ein paar Wochen an, bei der diese von als Skins verkleideten Demonstranten verprügelt wurden.

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