Sanssouci: Vorschlag
■ Marc Ribot and Shrek im Quasimodo
„Er schreibt und spielt freie, vielfältige Musik. Weder wird eine Intuition bei ihm unterdrückt, noch wird einem einzelnen Impuls erlaubt, das Steuer an sich zu reißen. Man könnte sagen, daß sein Humor sehr hohe moralische Standards hat“, sagt Arto Lindsay über Marc Ribot, seinen Nachfolger bei den Lounge Lizards. Als „neurotischen Blues“ bezeichnet Ribot seinen Gitarrenstil, den er schon in jungen Jahren zwischen den Pflichten des klassischen Unterrichts und der Nachahmung der anarchischen Poesie des frühen Hendrix zu entwickeln suchte. Im Trio des Hammond-Organisten und Gitarren-Talent-Scouts Jack McDuff löste er dort George Benson ab und war jahrelang Mitglied der Real Tones, die Wilson Pickett, Salomon Burke und Chuck Berry begleiteten, wenn immer sie in New York gastierten. Ribots kantige Saitenattacken zeichnen Alben von Tom Waits, Elvis Costello und den Lounge Lizards aus, mit denen er bekannt wurde und die er Ende der achtziger Jahre verließ – rechtzeitig, bevor sie zum Schatten ihrer selbst wurden.
Während einer befreienden Experimentalphase mit den Jazz Passengers gründete Ribot die Band Rootless Cosmopolitans. Frech und unbekümmert mischte er nun Blues, Rock und Jazz, demontiert respektlos amerikanische Stile, indem er sie ins Triviale überzeichnet und oft in einen ganz anderen Stil überborden läßt. Mit leichter Hand, beinahe grimmigem Humor und feiner Ironie zitierte er die Beatles, Hendrix oder Ellington und singt sogar auf seiner jüngsten CD „Reqiuem for what's his name“ durch einen Limiter gepreßt gegen Idole, Images, Religion und Rassenwahn an, bis er sich mit Howlin Wolfs Klassiker „Commit a crime“ Luft verschafft.
Mit Shrek (!), einem Quintett ohne Tasteninstrumentalisten und Bläser, dafür aber einem weiteren Gitarristen und einer Perkussionistin, wird er auch heute abend sein Publikum zu verblüffen wissen. Marc Ribot ist einfach zu jeder Regung fähig und deshalb immer für eine Überraschung gut. Peter Thomé
Heute um 22 Uhr im Quasimodo.
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