■ Dokumentation: „Druck ausgeübt“
Zwei Wochen nachdem die taz über den Mangel an sogenannten Vollzeitlehrgängen berichtet hatte, schickte die Senatsschulverwaltung folgendes Schreiben nach Kreuzberg. Schulstadtrat Dirk Jordan (Grüne) stellte den angeschriebenen Lehrern frei, die Fragen zu beantworten. Die taz erfuhr von dem Vorgehen bei einer Konferenz, als ein Lehrer den zuständigen Schulrat Dieter Wittke anklagte, „daß die Schulverwaltung Druck auf die Lehrer ausübte“ (siehe Seite 36). Derzeit werden über 1.600 SchülerInnen auf nur 1.175 „VZ 11“- Plätzen betreut. Im Kreuzberger OSZ Handel hatten sich 1.198 SchülerInnen auf 50 freie Plätze angemeldet. (Der Brief im Wortlaut, alle Namen geändert)
„ Betr.: Pressemeldungen der taz vom 10.8.1993 und der Frankfurter Rundschau vom 12.8.1993
Als Anlagen übersenden wir Ihnen die o.g. Pressemeldungen mit der Bitte, die Angelegenheit im Hinblick auf das schuldienstliche Verhalten der erwähnten Lehrkräfte am OSZ Handel I schulaufsichtlich zu prüfen. [...]
1. Was veranlaßte Herrn Müller, vor der offiziellen Clearingkonferenz VZ 11 der Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport (10.8.1993) der Presse gegenüber Erklärungen abzugeben, die den Eindruck vermitteln, daß die Schülerversorgung im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung nicht sichergestellt ist?
2. Hatte Herr Müller für seine Kontakte zur Presse eine Genehmigung der im Bezirk Kreuzberg Verantwortlichen?
3. Wie kommt Herr Müller dazu, von 300 gemeldeten Schülern zu sprechen, obwohl am Tag der Clearingkonferenz von der Schulleitung des OSZ Handel I nur 206 gemeldete Schüler genannt wurden?
4. Haben Herr Müller und/oder Herr Maier unmittelbar nach der Clearingkonferenz (dienstliche Veranstaltung der Senatsverwaltung) die taz detailliert über Verlauf und Inhalt der Dienstbesprechung informiert? [...] mit wessen Genehmigung?
5. Was veranlaßte Herrn Ott [...] an die VZ 11-Bewerber vorgefertigte Widerspruchsformulare zu verteilen?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen