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Nordkoreas riskanter Poker mit Atomanlagen

■ Pjöngjang hofft auf einen Handel: Nuklearkontrollen gegen Anerkennung durch die USA / Beobachter fürchten nach UNO-Resolution Eskalation des Konflikts

Seoul (taz/AP) – Not macht bekanntlich erfinderisch. Das kommunistische Nordkorea, erzählt man sich in Seoul, verschiebt seit einiger Zeit gebrauchte Autos illegal über die Grenze nach China, um an harte Devisen zu kommen. Allein innerhalb von nur vier Monaten sollen 100.000 Altfahrzeuge – auf dem Seeweg aus aller Welt ins Land geschmuggelt – für 5.000 Dollar pro Stück über den Yalu- Fluß ins Reich der Mitte gebracht worden sein. Nordkoreas schrumpfende Wirtschaft hat den „Geldregen“ bitter nötig. Allein in diesem Jahr fehlen dem Land über zwei Millionen Tonnen Reis, schätzt Yu Suk Ryul vom südkoreanischen Institut für Außenpolitik und Nationale Sicherheit.

In Seoul werden die illegalen Autodeals nicht gerne gesehen. Doch Koo Bon Tae, Südkoreas Chefunterhändler für den Nord- Süd-Dialog, spricht offen aus, was seine Regierung heute auf keinen Fall möchte, nämlich Sanktionen gegen Nordkorea. Solche Maßnahmen seien kein gutes Mittel, das kommunistische Regime in Pjöngjang in die Knie zu zwingen. Sanktionen „könnten Spannungen erzeugen und einen militärischen Konflikt auslösen“, warnt Koo Bon Tae. „Wir brauchen einfach Zeit.“ Immer wieder ist in den letzten Monaten der Ruf nach einer härteren Gangart gegen Nordkorea laut geworden – vor allem aus den USA. Hauptstreitpunkt: die Weigerung des Regimes unter Kim Il Sung, zwei Atomanlagen in der Nähe der Hauptstadt Pjöngjang für Inspektoren der Wiener Atombehörde IAEO zu öffnen. Anfang dieses Jahres schwenkte Kim voll auf Konfrontationskurs, als er den Austritt des Landes aus dem Atomwaffensperrvertrag ankündigte. Erst als Washington Gesprächsbereitschaft signalisierte, zog der Diktator die Aufkündigung noch einmal zurück.

Doch bewegt hat sich nichts. Nordkorea, zunehmend international isoliert, pokert hoch und könnte am Ende damit gar Erfolg haben. Nicht die Aussöhnung mit dem feindlichen Bruderstaat im Süden, sondern die US-Regierung ist der dicke Fisch: „Die Nordkoreaner glauben, daß der Süden ihnen nichts bieten kann, sie schielen nur nach Washington“, sagt Koo. Noch mehr als wirtschaftliche Hilfe braucht Pjöngjang jetzt dringend einen internationalen Erfolg. Nur eine Normalisierung der Beziehungen mit den USA könnte das Regime aus der politischen Klemme und Isolation befreien. Inspektionen gegen diplomatische Anerkennung: Kim Il Sung glaubt, mit der strittigen Frage von Atomkontrollen eine Trumpfkarte in der Hand zu halten.

Vielleicht aber hat er sein Blatt überreizt. Am Montag hat die UNO-Vollversammlung Nordkorea in einer Resolution dazu aufgefordert, endlich internationale Kontrollen seiner Atomanlagen zuzulassen. Drei Tage später schloß sich US-Verteidigungsminister Les Aspin der Forderung bei einem Besuch in Südkorea nachdrücklich an. Die Geduld der Vereinigten Staaten sei begrenzt, erklärte Aspin. Sollten diplomatische Anstrengungen scheitern, könnten andere Optionen geprüft werden. Die Politiker in Pjöngjang sind dadurch offenbar aufgeschreckt worden: Südkoreanischen Zeitungen zufolge wurde das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei nun für kommende Woche vorzeitig zu einer Sitzung einberufen. Die Lage ist heikel: Ein Mitarbeiter Aspins warnt, daß Nordkorea sich zu einem konventionellen Angriff auf Südkorea herausgefordert sehen könnte, wenn es befürchten müsse, durch den wachsenden internationalen Druck allzu sehr in die Isolation zu geraten. Dabei hätte das Land durch Kontrolle seiner Atomanlagen möglicherweise nicht einmal viel zu verlieren. Denn daß Nordkorea in der Lage ist, Nuklearwaffen zu bauen, wird von vielen bezweifelt. „Alles übertrieben, das Land ist wirtschaftlich am Ende, hat keine Technologie und kein Know-how“, winkt ein ausländischer Geschäftsmann in Seoul ab. Eigentlich könnten die Voraussetzungen für bessere Beziehungen zwischen den seit 47 Jahren geteilten Bruderstaaten günstiger nicht sein. Seit Anfang dieses Jahres ist in Südkorea mit Kim Young Sam der erste zivile Staatschef seit 32 Jahren an der Macht. Kaum im Amt, räumte der Präsident mit den alten Eliten auf und säuberte das Militär. Der berühmte Dissidentenprofessor Han Hwan Sang, der in den 80er Jahren von jedem kritischen Studenten in Seoul gelesen wurde, ist sein Wiedervereinigungsminister. Dialog, friedliche Koexistenz und Prosperität – das ist die Korea-Politik des Seouler Präsidenten Kim. Doch bei seinem Namensvetter in Pjöngjang stößt er damit nur auf taube Ohren. Denn was nicht sein kann, das nicht sein darf. Südkorea sei eine Militärdiktatur, tönt es aus dem Norden. Auch will man dort dem Süden partout nicht abnehmen, daß es nach einem anderen Weg der Einheit sucht als Deutschland. Von einer Aussöhnung, geschweige denn der Einheit, ist Korea also noch weit entfernt. „Der innerkoreanische Dialog ist wie ein Puzzle“, sagt Koo, „wir stoßen immer wieder auf neue Probleme und müssen es Stück für Stück zusammensetzen.“

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