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■ Nicht popkompatibel: Think about Mutation im Knaack

Hart ist das Dasein in den fünf neuen Bundesländern. Kärglich fristen die Menschen ihre Existenz, in den Großstädten wuchern die Gettostrukturen, und das täglich Brot muß man sich allzuoft mit der Wumme in der Hand erkämpfen. In ihrem Info zur Platte vermittelt uns die Berliner Plattenfirma der Leipziger Band Think About Mutation eine Ahnung von Antrieb und Hintergrund des musikalischen Schaffens dieser Gruppe. Der heimatliche Stadtteil Cannowitz wird dümmlich und falsch als „Leipzigs eigene Bronx“ bezeichnet. In dieser Form wird der Humus bereitet, auf dem der Techno-Metal, Elektro- oder Industrial-Metal von Think About Mutation gedeihen soll und der die Annäherung an diese Spielart von Musik nicht unbedingt erleichtert. Ebensowenig wie deren Rezeption in diversen Schreibstuben:

Da „knallen mit bestialischer Wucht fünf Zentimeter dicke Stahlplatten auf weiche Schädel“, da ist von Wahnsinn, Brutalität und Brachialität die Rede, da wird „die Welt mit 125 dB plattgewalzt“ oder gar ein „Inferno in Form des nuklearen Endknalls“ entfacht. Da funktionieren Trash und Splatter blendend über Worte und Papier, und man darf fragen, ob das den Sinn und Zweck erfüllt, den Think About Mutation sich mit ihrem Debüt „Motorrazor“ gedacht haben. Das Album ist natürlich hart und überhaupt nicht popkompatibel, läuft gut als eine Mischung aus Front-242-Beats und Ministry-Schnellstgitarren und verbreitet zuverlässig alle apokalyptisch-düsteren Grundstimmungen, die dann gemeinhin mit dieser Musik assoziiert werden. Auch von Tanzbarkeit kann nicht die Rede sein. Eine Ausnahme bildet der Song „Housegrinder“: Das Stück beginnt mit Trash-Metal-Gitarren, wird aber schnell in einen Elektronik-Groove überführt, der ein leichtes Keyboard-Geklimper, später sogar ein souliges Background-Stimmchen übergestülpt bekommt. „Housegrinder“ ist der positivste Vibe auf dem Album, der den trüben Ernst des Getto-Daseins einen Moment vergessen macht.

Zwar starten andere Stücke wie „Get ot“ mal ganz New-Order-like, bei „Gasoline“ horcht man sogar elektronisch-induzierte Schönheiten heraus – meistens jedoch geht es auf „Motorrazor“ per Nachtexpreß durch die Metal-Noise-Groove-Bahnen, und Tempo, Tempo ist der alles bestimmende Faktor. Mit der richtigen Einstellung kann man sich dann von Think About Mutation ordentlich den Kopf und das Hirn freipusten lassen und dabei vielleicht zu sinnvoller Leere (aber auch Gelassenheit) gelangen. Stahlplatten-auf-Schädel-, Atomexplosions- oder Bagger-macht-alles-platt-Assoziationen sind dafür nicht unbedingt vonnöten. Gerrit Bartels

Heute, 22 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224.

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