: Ein Comeback für Mittelwellen-Sender?
■ Seit November sind fast unbemerkt drei neue Rundfunkstationen auf Sendung
„Olympia 2000 geht nach Sydney. Die Bundesregierung sitzt immer noch in Bonn. Wir aber kommen schon jetzt in die Hauptstadt. – Radioropa-Info in Berlin auf Mittelwelle 693 kHz, Ihr Nachrichten- und Informationssender rund um die Uhr.“
So tönt es seit dem 1.11. im Großraum Berlin. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg hatte überraschend drei neue Sendefrequenzen erteilt. Kaum jemand hat es bemerkt. Damit senden mittlerweile über 20 Rundfunkstationen in der Stadt. Neben der privaten Info-Welle Radioropa-Info aus Daun/Eifel haben „RTL – Der Oldiesender“ für 603 kHz und das Non-Stop-Popmusik-Radio „StarSat“ für 1359 kHz Lizenzen erhalten. Alle drei Sender waren in Berlin bisher nur über Satellit oder Kabel zu empfangen. Sie nutzen alte stillgelegte Frequenzen von DDR- Sendern. Die Lizenzen, die ohne Ausschreibung vergeben wurden, sind auf ein Jahr befristet. Die Medienanstalt sieht die zeitlich beschränkte Erteilung der Frequenzen als Testballon, ob die schon lange an den Rand gedrängte Mittelwelle eine Wiederkehr feiern kann.
Größte Überlebenschancen können bei diesem Experiment wohl am ehesten dem Nachrichtensender Radioropa-Info eingeräumt werden, da hier die schlechte Tonqualität der Übertragung nicht so ins Gewicht fällt. Geradezu grotesk, aber durchaus interessant ist die Abstrahlung von StarSat, der wie Radioropa-Info aus Daun/Eifel kommt und ebenfalls zur Technisat-Gruppe gehört. StarSat macht Werbung für „glasklaren und rauschlosen Empfang“ des Programms über Satellit oder Kabel mit digitalen Radioempfängern, natürlich von Technisat. Während dessen schwankt und rauscht der Sender, der mit nur schwacher Leistung von fünf Kilowatt aus Köpenick abgestrahlt wird. Das Programm des RTL-Oldiesenders kommt aus Königs Wusterhausen, dem ersten Standort eines deutschen Radiosenders. Das paßt.
Ob die Ausstrahlung des Oldiesenders mehr als eine Spielerei ist, darf bezweifelt werden, denn mit „104,6 RTL Berlin“ ist die luxemburgische Gesellschaft CLT in Berlin-Brandenburg schon sehr erfolgreich und nimmt für sich die Spitzenreiterstellung der Hörerzahlen in Anspruch. Die Mittelwelle wird ihre Zukunft, wenn überhaupt, wohl eher bei den Infoprogrammen haben, wie zum Beispiel Bayern 5 oder der ganztägig sendenden Infowelle des Mitteldeutschen Rundfunks und jetzt Radioropa-Info in Berlin. Jürgen Karwelat
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