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Gegen „Vertriebswirtschaften“

■ Interview über die Aktionswoche der StudentInnen mit AStA-Vertreter Ted Turner

In der vergangenen Woche protestierten Hannovers StudentInnen gegen drohende Studiengebühren und Zwangsexmatrikulationen für sogenannte LangzeitstudentInnen. Zur Aktionswoche befragte taz den Referenten für Hochschulpolitik und Öffentlichkeitsarbeit im ASTA der Uni Hannover, Ted Thurner. Seit einigen Wochen ist Ted zusätzlich Pressesprecher des Freien Zusammenschlusses von StudentInnenschaften, des bundesweiten Dachverbands:

taz: Politik, Wirtschaft und insbesondere StudentInnen wollen mehr Fachhochschulen. Wird die Uni zugunsten der FHs Federn lassen?

Ted Turner: Genau das ist die Intention der geplanten Reform: Universitäre Studiengänge sollen „fachhochschulisiert“ werden. Das sieht dann so aus, daß das Unistudium grundsätzlich aus einem ersten, berufsbezogenen Teil besteht, und das weiterführende, wissenschaftliche Studium nur noch wenigen offensteht. Doch wer die Uni zur Berufsausbildung umfunktioniert, nimmt ihr den eigentlichen Wert.

Nach Meinung breiter Gesellschaftsschichten ist aber Universität heute im wesentlichen zur Ausbildung angelegt?

Mit der Berufsausbildung durch die Universitäten ist die Wirtschaft nicht zufrieden und wird es auch nie wirklich sein. Sie läßt den Staat machen, weil sie auf diesem Wege Ausbildungskosten spart. Eigentlich könnte die Wirtschaft besser ausbilden. Sie weiß schließlich, welche Ansprüche die Arbeit stellt. Auch die Ingenierursanwärter kommen nicht an die Uni, um sich vor allem fachlich für den Beruf zu präparieren. Die meisten kommen, weil der Uni-Abschluß Prestige verspricht.

Welche Aufgaben laßt Ihr der Uni übrig?

Die derzeitige Bildung an der Uni entspricht weder den Interessen der Wirtschaft noch einem traditionellen humanistischen Bildungsideal und schon gar nicht den Problemanforderungen unserer Gesellschaft. Hier, an der Uni, sollen sich Persönlichkeiten jenseits von betriebswirtschaftlichen Denkstrukturen entwickeln. Diese Menschen müssen auch in der Lage sein, Wirtschaft kritisch zu hinterleuchten.

Die meisten StudentInnen verharren entgegen Eures Aufrufs zum Protest während der Aktionswoche im alten Trott. Fehlt Euch der Rückhalt in den eigenen Reihen?

Gerade das Desinteresse der StudentInnen beweist, daß in der Uni der Wurm drin ist. Probleme haben wir, der ASTA, nicht mit denen, die unsere Forderungen oder unsere Form des Widerstands kritisieren. Schlimm ist, wenn die Leute überhaupt nicht wahrnehmen, was mit ihnen und in ihrem Umfeld derzeit geschieht.

Nur zwei der insgesamt 17 Fachbereiche haben den „Kreativen Ausnahmezustand“ beschlossen. Ist es demokratisch, wenn diese im Namen der Uni sprechen?

Uniweit haben Vollversammlungen stattgefunden. Diese Versammlung ist unser höchstes, beschlußfassendes Gremium. Darüber hinaus finden an allen Fachbereichen Veranstaltungen zum Thema statt, auch wenn dort der „Kreative Ausnahmezustand“ nicht beschlossen wurde. Und letzten Endes ist Demokratie immer eine Sache derjenigen, die sich beteiligen. Wenn StudentInnen unsere Versammlungen ignorieren, kann ich mich nicht hinsetzen und überlegen, ob mein Vorgehen undemokratisch ist oder was diese Kommilitoninnen wohh gemeint hätten, wenn sie dabei gewesen wären.

Habt Ihr die ProfessorInnen auf eurer Seite?

Neulich wurden wir sogar vom Präsidenten der Uni, Hinrich Seidel, ermuntert, endlich für die Uni auf die Straße zu gehen. Die meisten Lehrbeauftragten unterstützen unsere grundsätzlichen Forderungen nach einer angemessenen Ausstattung der Uni. Wenn man inhaltlich weiterdiskutiert, wie das während der Aktionswoche geschieht, tun sich schnell Gräben auf. In den Vorstellungen von dem, was universitäre Bildung im Kern ausmacht, bestehen Gegensätze.

Fragen: Ingo Schroeter

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