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Ein Zahnarzt trickst die Mieter aus

■ Hamburger MieterInnendemo gegen Immobilienspekulanten

In letzter Minute noch versuchte er die Demonstration zu verhindern. Am Donnerstag abend fanden zahlreiche MieterInnen des Kieler Zahnarztes und Immobilienspekulanten Detlev Uthoff ein Schreiben in ihrem Briefkasten. Darin teilte der Kieler Arzt, der im vergangenen Jahr mehrere hundert Wohnungen aus dem Bestand des zum Wünsche-Imperium gehörenden Bauvereins erstanden hatte, seinen MieterInnen den Weiterverkauf ihrer Wohnungen mit. Sie gehen am 1. Januar 1994 in den Besitz der Hanseatischen Baugenossenschaft über. Die bereits beantragten Abgeschlossenheitsbescheinigungen, Voraussetzung für eine Umwandlung von Mietwohnungen in Wohneigentum, sollen laut Uthoff für diese Wohnungen zurückgezogen werden.

Den MieterInnen der in seinem Besitz verbleibenden Wohnungen bot Uthoff einen „erweiterten Mieterschutz“ an. Danach sollen alle MieterInnen, die älter als 50 Jahre sind oder länger als 15 Jahre in ihrer Wohnung leben, ein lebenslanger Schutz gegen Eigenbedarfskündigungen eingeräumt werden. Zugleich lud Uthoff die MieterInnen am heutigen Samstag zu einem „konstruktiven Gespräch“ ein, bei dem „alle offenen Fragen“ geklärt werden könnten.

Daß der Augenarzt mit diesen Angeboten „einen Keil in die Mieterschaft treiben“ will, vermutet Wilfried Lehmpfuhl vom „Mieterverein zu Hamburg“. Denn der Mieterverein hat für heute zu einer Demonstration gegen Uthoff aufgerufen – vor dessen Wohnsitz in Kiel.

Die MieterInnen wollen trotz der Uthoff-Versprechungen nach Kiel fahren – sie trauen den Offerten nicht. Lehmpfuhl: „Herr Uthoff fällt seit Jahren durch unseriöse Praktiken im Umgang mit Wohnungen auf“. So versprach der 52jährige nach dem Kauf der Wünsche-Wohnungen im November 1992: „Bei mir werden keine Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt!“. Doch bereits Anfang dieses Jahres wandelte der Arzt 240 Wohnungen in Ammersbek um. Bald darauf beantragte die Schwarzenbeker „Immobilientreuhand Nord“, die den Uthoff-Bestand verwaltet, die Abgeschlossenheitbescheinigung für über 600 Hamburger Wohnungen und stellte deren Umwandlung in Wohneigentum in Aussicht. Den MieterInnen bot die Verwalterfirma „ein total unseriöses Finanzierungsmodell“ (“Mieter helfen Mietern“-Geschäftsführer Achim Woens) zum Kauf ihrer eigenen Wohnungen an.

Der Grund, warum Uthoff heiß auf die schnelle Spekulantenmark ist, den Presserummel um seine Person aber scheut, ist nicht schwer zu erraten. Er wurde im vergangenen September wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie einer Geldstrafe von 1,8 Millionen Mark verurteilt. Der Arzt hatte den Bau eines Privathauses als betriebliche Ausgabe deklariert und von der Steuer abgesetzt.

Nun braucht der 52jährige Geld und fürchtet nichts mehr, als daß ständig schwarz auf weiß von diesem schwarzen Fleck auf seinem weißen Zahnarztkittel berichtet wird.

Marco Carini

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