: Elbvororte: „Mietenpolizei“ wird aktiv
■ Fahndung nach Zweckentfremdung von Wohnraum und Mogeleien mit Sozialwohnungen
Das Bezirksamt Altona macht endlich Nägel mit Köpfen: Um die Zweckentfremdung von Wohnraum zu bekämpfen, sind derzeit Mitarbeiter der Wohnungspolizei in den Elbvororten unterwegs. Das verriet Bezirksamtsleiter Hans-Peter Strenge der „Welt am Sonntag“ (Wams). In Hamburg suchen derzeit nach Schätzungen des Arbeitskreises Wohnraumversorgung 75.000 Menschen ein Obdach.
Immer öfter wird Wohnraum vernichtet, weil Gewerbetreibende Wohnungen als Geschäftsräume nutzen oder Spekulanten ihre Wohnungen leerstehen lassen. Daher beschloß der Senat im Frühjahr, die Wohnungspolizei einzurichten. Doch bislang geschah wenig, um die Wohnungspolizei - oder auch „Mietenpolizei“ genannt - wurde es ruhig.
In Altona geht die Mietenpolizei jedoch nun auf Streife. Drei Vollzeit- und eine Halbtagskraft sowie zwei Verwaltungskräfte gehören der Fahndungstruppe an. Observationsgebiet: Die noblen Elbvororte. Strenge: „Rund um die S-Bahnhöfe, an der Elbchaussee, in der Groß-Flottbeker Straße, im Bereich des S-Bahnhofs Othmarschen sowie in einigen Gebieten Ottensens haben wir eine schleichende Unterwanderung der Wohngebiete festgestellt. Dagegen gilt es anzugehen.“ Der Bezirksamtsleiter warnte jedoch vor allzu großen Hoffnungen: „Revolutionäre Erfolge sind bei fünfeinhalb Stellen für 245.000 Einwohner nicht zu erwarten.“
200 Fälle von Zweckentfremdung sind dem Bezirksamt von achtsamen Nachbarn bisher gemeldet worden. Meist handelt es sich um Makler, Finanzberater, Architekten, Heilpraktiker, die in geräumigen Altbauwohnungen ihre Büros eingerichtet haben. Im Gros der Fälle erteilt das Bezirksamt im Nachhinein eine Genehmigung, wenn ein öffentliches Interesse zu begründen ist. Zu zwei Fünfteln wird jedoch die Genehmigung verweigert, erklärte Strenge der „Wams“. Denn viele Gewerbetreibende haben ihre Büros in Räumen eingerichtet, die sie offiziell als Zweitwohnung angemeldet haben. Bei einigen Überprüfungen seien aber nicht die geringsten Anzeichen für eine Privatnutzung festgestellt worden, nicht einmal eine Zahnbürste. Ist ein Gewerbetreibender der Zweckentfremdung überführt, kann von einem Gericht ein Bußgeld bis zu 100.000 Mark verhängt werden. Kann, werde aber in den wenigsten Fällen gemacht, beklagte Strenge.
Eine weitere Schwerpunktaufgabe der Wohnungspolizei ist die Bekämpfung illegaler Vermietung von Sozialwohnungen. Allein in den vergangenen Monaten sind 15 Fälle aufgedeckt worden, in denen MieterInnen von Sozialwohnungen ihr Domizil teuer untervermieten. Wer auf diese Weise Geschäfte macht, dem droht ein Bußgeld zwischen 3000 und 20.000 Mark.
Mit einem klaren „nein“ hat unterdessen der Ortsausschuß Blankenese den Antrag der GAL-Fraktion abgelehnt, im leerstehenden Haus „Stadt Hamburg“ - neben dem Elbe-Kino an der Osdorfer Landstraße - Obdachlose unterzubringen. Das Gebäude, in dem sich zwei Wohnungen befinden, wird seit Jahren nicht genutzt. Die CDU wollte eine vorübergehende Nutzung für Obdachlose dem Eigentümer nicht zumuten, die SPD vertrat die Auffassung, daß Obdachlose schließlich auf den Neumühlener Wohnschiffen eine Notunterkunft mit Bett finden würden.
Kai von Appen
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