: Audi verliert ein Viertel vom Umsatz
■ Die Nobelmarke zieht den Volkswagen-Konzern weiter in die roten Zahlen / Ein Drittel weniger Autos verkauft als im letzten Jahr / Mit einem Stadtauto als Rettungswagen aus der Absatzkrise?
Ingolstadt (dpa/taz) – Nach Seat reißt auch Audi den Volkswagen- Konzern weiter in die Verlustzone. Die VW-Sparte, mit der die Wolfsburger endlich als Nobelmarke neben Mercedes und BMW für voll genommen werden wollten, wird in diesem Jahr rund ein Viertel ihres Umsatzes verlieren. Um rund ein Drittel, auf 345.000 Autos mußten die Ingolstädter ihre Produktion drosseln, um nicht die ohnehin vollen Halden noch weiter zu vergrößern. Nach einer zähen Aufholjagd von der grauen Mittelklasse zu den Nobelkarossenherstellern muß der frühere Audi- Chef und jetzige VW-Vorstandsvorsitzende Ferdinand Piäch nun zusehen, wie sein kurzfristiger Erfolg wieder im Sande zerrinnt: Rund 200 Millionen Mark Verlust vor Steuern wird Audi in diesem Geschäftsjahr einfahren. Im letzten Jahr betrug der Gewinn noch eine halbe Milliarde Mark.
Die Blechkisten, allen voran die schweren Schlitten, sind zum Ladenhüter des Industriestandorts Deutschland geworden. Allein im November brachen die Zulassungszahlen gegenüber dem Vorjahresmonat um 19,8 Prozent ein; in diesem Jahr wurden wohl eine Million weniger Autos gekauft als 1992. In den wichtigsten Märkten Europas schrumpfen die Zulassungen zweistellig; auf gut 3,5 Millionen Einheiten werden die Überkapazitäten in den EU-Staaten bis 1995 geschätzt.
Für die Oberklasse sind die Aussichten besonders schlecht. Seit langem prognostizieren die Experten, daß es in diesem Segment in Deutschland auf Dauer einen Hersteller zuviel gibt. Daß damit Audi gemeint sein könnte, sagt zwar niemand offen, aber viele Fakten sprechen dafür. Mercedes und BMW kooperieren bereits erfolgreich miteinander. Der Hersteller Audi, der mit dem Slogan „Vorsprung durch Technik“ wirbt, rangiert bei Image-Umfragen in bezug auf den Technologiestand noch immer weit abgeschlagen hinter den Marktführern. Auch Piächs unzählige Hinweise darauf, daß bei Audi in bezug auf Organisation, Technik und Qualität doch so vieles besser sei als bei Volkswagen, wird durch die Zahlen nur unzureichend belegt. Schrittweise mußte der Audi-Vorstandsvorsitzender Franz-Josef Kortüm in diesem Jahr die Ertragsprognose zurücknehmen.
Nun soll in den nächsten Jahren das größte Investitionsprogramm in der Audi-Geschichte vor allem zur Produkterneuerung anlaufen. Allein für 1994 sind 1,6 Milliarden Mark vorgesehen, in den folgenden drei Jahren soll es jeweils eine Milliarde sein. Ahnlich wie beim großen Konkurrenten Mercedes suchen die Audi-Manager den Rettungswagen in einem kleinen Stadtauto. Nach Angaben des Audi-Betriebsrates hängen in Ingolstadt fast 6.000 Stellen von einer Produktion des kleinen Modells ab. Beim Wettbewerb um den Produktionsstandort sind neben Ingolstadt noch das VW-Werk in Mosel bei Zwickau und das Skoda- Werk Mlada Boleslav in der Tschechischen Republik übriggeblieben. es
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