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Strafbank für „Berater“

Seit Anfang Dezember gibt es im deutschen Eishockey eine offizielle Spielervermittlung  ■ Von Matthias Kittmann

Berlin (taz) – „Top-Stürmer (EG-Ausländer) mit BL-1-Format sucht gut geführten Oberligaverein. Meldungen bitte an Chiffre xy.“ So oder ähnlich suchten sich bisher Eishockeyspieler Arbeit, wenn sie nicht willens oder in der Lage waren, teure Provisionen an sogenannte „Berater“ zu bezahlen. Den Weg zum Arbeitsamt konnten sich die Profisportler genauso sparen wie ihre sechs Millionen nichtsportlichen Leidensgenossen.

Seit 1.Dezember ist das anders. Während noch Vereinsmeier, Funktionäre und Experten um die Einführung einer deutschen Eishockey-Profiliga namens DEL streiten, hat im Vorgriff darauf in München schon die „Arbeitsvermittlungsstelle für Eishockeyspieler“ (AVEIS) mit der Arbeit begonnen. Getragen wird das Vermittlungsbüro vom Deutschen Eishockeybund (DEB), der Vereinigung der Eishockeyspieler (vde) und dem Arbeitsamt München; die beiden letzteren stellen jeweils zwei Personen für den Beirat. Das Wichtigste ist jedoch, daß alle Klubs der ersten und zweiten Bundesliga Gesellschafter der AVEIS sind und somit auch die Spielregeln akzeptieren.

Ziel aller Parteien ist es, illegalen Vermittlern den (Geld-)Hahn abzudrehen, denn „durch Spielervermittler gehen Millionen von Mark in die falschen Hände“, behauptet DEB-Präsident Ulf Jäkel. Roland R. Thompson, die Nr.1 der Vermittler für nordamerikanische Profis, hält allerdings dagegen: „Die Berater sind an der finanziellen Misere [der Vereine] nicht schuld“, äußerte er in einem Fachblatt, „kein Verein ist gezwungen, mehr Geld für Spieler auszugeben, als er hat.“ Doch vde- Geschäftsführer Jörg Hiemer kritisiert nicht nur die Höhe der Provisionen, sondern auch, daß „den Spielern für unzulängliche Arbeit das Geld aus der Tasche gezogen wird“. Das will Thompson nun erst recht nicht einsehen. Er sorge dafür, daß in einem freien Markt die Spieler fair bezahlt werden: „Ich wäre ganz schnell aus dem Geschäft, wenn ich schlechte Spieler für überhöhtes Geld vermittelte.“

So oder so braucht er sich um seinen Klientenkreis keine Sorgen zu machen. Die Arbeitsvermittlung richtet sich an andere Adressaten. „Derzeit gibt es 540 Profis, davon gehören 80 zu den Großverdienern, der Rest wird sich an uns wenden“, glaubt AVEIS-Geschäftsführer Peter Ustorf. Genauso können sich die Vereine in München erkundigen, welcher Spieler gerade auf dem Markt ist. Sagt einem Klub ein bestimmter Spieler zu, gibt er ein Angebot ab, das mindestens zehn Tage gültig bleibt.

In dieser Zeit kann der entsprechende Spieler selbst um höhere Bezüge nachverhandeln. Wenn allerdings noch ein laufender Vertrag besteht, müssen das die betroffenen Vereine erst einmal unter sich ausmachen.

In Zusammenarbeit mit Experten und Scouts (z.B. ehemaligen Spielern) soll in München langfristig eine umfangreiche Datei aufgebaut werden, die auch über unbekannte und junge Spieler alle wichtigen Informationen enthält – streng vertraulich selbstverständlich.

Mit Arbeitsbeginn der AVEIS sind noch andere Neuerungen in Kraft getreten. Ab der neuen Saison darf bis zum 15. Januar gewechselt werden, auch mehrfach. Bei bestehenden Arbeitsverträgen wiederum soll nicht vor dem 15. März verhandelt werden. Und ist ein Verein teilweise oder ganz mit dem Gehalt vier Wochen im Rückstand, kann ein Spieler den Vertrag auflösen. Einen interessierten Konkurrenten entbindet dies aber nicht von einer möglichen Ablösesumme. Laut vde-Anwalt Horst Kletke ist sogar geplant, daß „alle Arbeitsverträge bei der AVEIS hinterlegt werden“.

Kaum verwunderlich, daß da die Klubs noch nicht so recht mitmachen wollen. Denn ein Einblick in die derzeitigen Kontrakte wäre eine neue Folge der Serie „Was Sie schon immer über die Gehälter von Eishockeyspielern wissen wollten, sich aber nie getraut haben zu vermuten.“

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