: Begehrt das Volk?
■ Morgen Großsammeltag an 50 Plätzen / Termin fürs eigentliche Volksbegehren wahrscheinlich im April
Das Studentenvolk begehrt weiter auf. Am Dienstag suchen StudentInnen an 50 verschiedenen Stellen in Berlin nach Wahlberechtigten, die ihre Stimme für ein Plebiszit gegens Parlament hergeben. Ziel der Großsammelaktion: das Abgeordnetenhaus wegen seiner „verfehlten Hochschulpolitik“ und fehlender Bürgernähe mit Volkes Stimme aufzulösen. Zur Einleitung des Plebiszits fehlen der studentischen „AG Volksbegehren“ nach eigenen Angaben nur noch rund 25.000 Unterschriften. Die sollen an den Hauptsammelstellen Alexander-, Wittenbergplatz, Frankfurter Allee, Fußgängerzone Charlottenburg und 46 weiteren Plätzen zusammenkommen.
Insgesamt 300 SammlerInnen werden laut der studentischen Arbeitsgemeinschaft morgen ab 11 Uhr die BerlinerInnen um Unterstützung bitten, mit ihrer Unterschrift das Plebiszit einzuleiten. 80.000 Signaturen von Wahlberechtigten sind dafür erforderlich. „Bis Ende des Monats werden wir die Unterschriften gesammelt haben“, ist sich Jesper Richter- Reichhelm sicher, einer der Sprecher der studentischen Aufbegehrer. Damit wäre aber nur der erste von drei Schritten auf dem Wege zur Parlamentsauflösung getan: der Antrag auf das Volksbegehren. Beim eigentlichen Volksbegehren müßten noch einmal 20 Prozent der Berliner Wahlberechtigten unterschreiben. Erst dann käme es zu dem Volksentscheid, mit dem das Parlament aufgelöst werden kann.
20 Prozent des Berliner Wahlvolks, das wären immerhin 500.000 Stimmberechtigte, die von den StudentInnen mobilisiert werden müßten. „Wir brauchen euch alle“, rief deswegen ein Volksbegehrer vergangene Woche seinen KommilitonInnen bei einer Vollversammlung (VV) in der Technischen Universität zu. „Offensiver Streik“ statt Studieren lautete die bei der VV ausgegebene Devise. Möglichst viele StudentInnen sollten dabei helfen, die BerlinerInnen zur vorzeitigen Auflösung ihres Parlaments zu bewegen. Keinesfalls dürfe das Volksbegehren in den Semesterferien stattfinden.
Als Termin schweben der „AG Volksbegehren“ und dem Asta der Technischen Universität der Beginn der Vorlesungszeit vor. Der ist Mitte April. Die von den Grünen ins Gespräch gebrachte Zusammenlegung des Volksbegehrens mit der Europawahl am 12. Juni ist den StudentInnen zu spät. Gegen den Termin sprechen auch organisatorische Fragen. Die Wahlkabinen für die Europawahlen stehen einen Tag. Bei einem Volksbegehren müßten die Unterschiftenlisten aber acht Tage ausliegen. „So lange müßte man die Wahllokale offenhalten“, sagte dazu der Verfassungsexperte der Innenverwaltung, Andreas Schmidt von Puskàs. Er habe Zweifel, ob das organisatorisch möglich sei. Die StudentInnen verhandeln zwar über ein breites UnterstützerInnen-Bündnis, an dem auch Parteien beteiligt sind. Aber die sollen, so die VolksbegehrerInnen, „im Zügel gehalten werden“. Christian Füller
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen