: Themen mit Tausend-Töne-Takt-Bananen
■ Helgoland, eine Hamburger Band für Facetten zwischen HC und Freestyle
Es hilft, Uninteressantes zu denken. Denn so kommt es zum Selberärgern. Das Selberärgern hilft beim Abheben von der vor lauter Wiedersehen stinkig-heimisch gewordenen Landschaft, die den Namen „Selbe alte Scheiße“ trägt. Die Gruppe Helgoland kennt das Selberärgern. Das Trio reagiert mit seiner Musik nicht auf eine „Szene“. Auch baut sie nicht für individuelle Lebensumstände akustische Spiegel auf. Bassist Rudi Buhr, Gitarrist Gregor Wanke und Schlagzeuger Michele Avantario schreiben angespannte, instrumentale Zwölf- bis Tausendton-Reihen.
Bei ihren Stücken fällt gleich das Material auf, aus denen sie bestehen. Es ist zum Essen, zum Gestenmachen oder zum Fesseln und Schwingen gedacht: Takt-Würste, Takt-Bananen und Takt-Ketten. Helgoland denken sich gern Ziele aus: Nicht die Umrisse der oben angesprochenen Landschaft brauchen wir, sondern deren sämtliche Facetten. Vielleicht klingt deshalb in ihrer Musik zuallererst Themenvielfalt an. Hier müht sich keiner, Grundsätze zu verdauen (Hard Core), Grundsätze anzugeben (Grind Core) oder sie ungeübt in Freiheit und richtungslose Inspiration zu überführen (Free Jazz).
Zu den Themen gehört die Vergänglichkeit eines gespielten Tons ebenso wie die Größe seines Nachhalls. Das Temperament im Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit auf allen Ebenen. Und die Frage, wann Sturzflug und freier Fall sich nicht mehr unterscheiden. Seit zwei Jahren spielt sich das Trio an allen arrangierten Hierarchien vorbei. Jeder kann praktisch jede Aufgabe übernehmen. Wer für Rhythmik, Melodik, „Akzente“ und Kontrapunkte zuständig ist, wer das Herausragen besorgen oder das „Pfund“ geben soll, klärt sich von Stück zu Stück neu. Bei einem ihrer Konzerte fühlten sich die Anwesenden denn auch gleichermaßen angespornt einzusteigen, mit und - unter Druck gesetzt - auch ein paar Male durchzuhalten. Helgoland werden vorerst noch nicht alle Fragen beantworten.
Kristof Schreuf
Am 24. Februar, 21 Uhr in der Roten Flora vor Alboth!
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