: „Wir müssen uns verstecken“
■ Flüchtlinge aus Togo bitten um Asyl / Heute Entscheidung?
Wieviele wohl kommen würden, wenn man 150 Deutsche einlädt, hatte Dogbe Credo, der Präsident der „Front der Togoischen Flüchtlinge in Hamburg“, einen jungen Dolmetscher gefragt. Zehn vielleicht, hatte der geantwortet. Er sollte recht behalten.
Als der Verband am Samstag zu einer Veranstaltung in die Kantine der stillgelegten Rahlstedter Graf-Goltz-Kaserne lud, waren die weißen Gesichter an zwei Händen abzuzählen. So blieben die Togoter fast unter sich, als Dogbe Credo von der Deutsch-Togoischen Geschichte erzählte.
Das westafrikanische Land war nämlich deutsche Kolonie. „Schutzvertrag“ nannte sich das 1884 unterzeichnete Dokument, das seine Gültigkeit verlor, als die Engländer und Franzosen den ersten Weltkrieg gewannen und die Beute unter sich aufteilten. Die Nachkriegsgeschichte des 3,8 Millionen Einwohner zählenden Togos war von der blutigen Militärdiktatur General Eyademas gekennzeichnet, die im Sommer 1991 nach 20 Jahren ein friedliches Ende zu nehmen schien.
Doch die Übergangsregierung wurde mehrfach vom Millitär attackiert, im Oktober 1992 wurde das Parlament von Soldaten als Geisel genommen, Abgeordnete festgehalten, gefoltert und getötet. Die Gewalt eskalierte, als anläßlich der ersten freien Wahlen im Januar 1993 eine friedliche Kundgebung in der Hauptstadt Lome vom Millitär angegriffen wurde. „In der Folge gab es regelrechte Pogrome, sind 300.000 Menschen binnen einiger Tage geflohen“, berichtete Credo. Ein Fünftel der Bevölkerung Togos lebt im Exil, 7000 davon in der Bundesrepublik, einige hundert in Hamburg. Inzwischen hat sich der Diktator in Abwesenheit der Opposition wiederwählen lassen. Jüngster Vorfall: die von Amnesty International angeprangerte Hinrichtung von 48 Menschen am 5. Januar in der Kaserne der Armee.
Seit gut vier Wochen befaßt sich der Petitionsausschuß der Bürgerschaft mit der brisanten Lage in dem kleinen afrikanischen Staat. Denn während bundesweit alle Verwaltungsgerichte entschieden hatten, daß abgelehnte Asylbewerber nicht nach Togo abgeschoben werden dürften, weil für sie „Gefahr für Leib und Leben“ besteht, hatten Hamburger Gerichte bis Ende November anders geurteilt.
Der Ausschuß muß heute abend über eine Sammelpetition des Rechtsanwalts Dietrich Weigand entscheiden, in der die Aussetzung der drohenden Abschiebung von 33 Togotern erbeten wird. Weigand verweist auf ein Gutachten des „Instituts für Afrika-Kunde“, aus dem hervorgeht, daß nach Togo zurückgekehrte Flüchtlinge summarisch als „Opponenten“ des Dikators behandelt und von den Grenzbehörden mißhandelt und verschleppt wurden. Hamburg solle deshalb einen generellen Abschiebestopp für Togo verhängen.
„Wir sind hier, weil wir gezwungen sind, uns für einige Zeit zu verstecken“, endete Dobge Credo seinen Bericht. „Sobald es geht, gehen wir wieder zurück.“ K. Kutter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen