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Die fesche Redaktionsassistentin Barbara aus Leipzig, auch Zonen-Babsi genannt, ist Erfinderin der Bückware bei der Terminvergabe: Tophits unter den Pressepartys und -empfängen schnappt sie sich stets selber. Letztens kam ich wieder zu spät: Da hatte sie sich gerade eine Model-Schau mit Ornella Muti in der Staatsoper plus Büffet im Grand Hotel und Prominenten-Disco im Spielcasino abgegriffen.
Wohl um mich zu versöhnen, bekomme ich seitdem manchmal Faxe für die fragwürdigsten Luxusvergnügungen von ihr zugesteckt: als erstes eine Einladung zur Eröffnung eines Nobelkarossen-Ladens am Ku'damm. Diese verkaufte ich gleich gegen ein Schnitzel mit Pommes frites in der „Stiege“ an einen Interim-Redakteur. Die nächste schrieb ich mir selber in meinen Kalender: ein „Space-Termin“ bei Sotheby's im Palais am Festungsgraben. Im Dezember fand in New York die Versteigerung der Reliquien statt, darunter Space-Post zwischen Sojus 4 und Sojus 5, Archivmaterial von der Witwe Juri Gagarins, von ihm selbst ein Weltraumanzug...
Gagarin war der erste Mann im Weltraum, die erste Frau war Walentina Tereschkowa, der erste Schwule Andrian Nikolajew, der erste fliegende Georgier hieß Musa Manarow. Vermarktet wurde der Spaß von der Space Commerce Corporation Texas, die 1989 ein Joint venture mit Glavkosmos USSR einging.
Als ich das erste Mal zu einem Presseempfang bei Sotheby's aufkreuzte, trug ich mich als Abgesandter des Neuen Deutschland (ND) ein und wurde tapfer ignoriert. Beim nächsten Mal versuchte ich es mit der taz, der Pförtner beschied mir knapp: join the club. Diesmal versuchte ich es als freier Mitarbeiter der Zeit – und siehe da: Die Niederlassungs- Leiterin, Frau Bethmann-Hollweg, begrüßte mich höchstpersönlich und bot mir kühlen Weißwein und heißes Käsegebäck an. Ihre Pressesprecherin brachte eine handwarme Pressemappe. Für tiefergehende Fragen verwiesen sie mich an einen Engländer, der „weitere Einzelheiten“ wußte.
Da erfuhr ich jedoch, daß es noch besser gewesen wäre, wenn ich mich als Springer-Journalist eingetragen hätte: Die Kollegen von Bild freuten sich gerade lautstark, daß man ihnen „großzügig“ Flüge zur eigentlichen Versteigerung in New York spendiert hatte.
Ich war jedoch schon mal – bei einer Pressekonferenz der Treuhand – diesbezüglich unangenehm aufgelaufen: Frau Breuels Brain, Wolf Schöde, hatte mir nicht geglaubt, daß ich Informeller Mitarbeiter des Spiegel war, und Führungsoffizier Dietmar Kampe angerufen, der das – im Gegensatz zur Berliner Stern-Redaktion – ebenfalls nicht witzig fand: „Das muß unter uns bleiben, sonst bist du bloß noch ein formeller Mitarbeiter.“ Später bekam ich noch ein Fax von Schöde, in dem er kritisierte, daß ich seinen Treuhand-Kollegen Wauschkuhn, jetzt Rexrodts Pressefuzzi, als „überbezahltes Arschloch“ bezeichnet hatte, weil dieser, Wauschkuhn, in einem Treuhand-Fax über Verhandlungen zwischen dem IG-Metall-Anwalt Jörg Stein und Betriebsräten von Belfa alles falsch dargestellt hatte. Danach hörte ich nie wieder was von Schöde. Helmut Höge
Informationsmakler und Mitglied im Ring deutscher IM
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