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„Jugendtheater muß selbständig sein“

■ JAK-Chef Jürgen Zielinski über den Stand der Dinge im Hamburger Jugendtheater

taz: Ihr feiert am Samstag euer zweijähriges Bestehen. Ist das eine Art Veitstanz?

Jürgen Zielinski: Es wird sicherlich nicht die Frage der Perspektive abgefeiert, sondern die Tatsache, daß wir es geschafft haben über zwei Jahre in sehr unklaren Verhältnissen durchzuhalten.

Es gibt hier auf dem Gelände einige Spannungen zwischen dem Kampnagel-Team und dem Jugendtheater. Wie kam es dazu?

Es sind mittlerweile Konkurrenzen entstanden, weil hier ein Theater, das JAK, inmitten einer anderen Theaterverwaltung arbeitet. Das wäre, wie wenn wir eine Probebühne auf der Verwaltungsetage des Schauspielhauses hätten. Man merkt viel deutlicher, wo die Mittel fehlen, wenn man selber Theater macht und im Zentrum des Prozesses steht. Das kapieren sie auf Kampnagel nicht. Das Problem war aber auch, daß man hier vorher nicht wußte, in welchen Dimensionen wir produzieren. Ich bin mit dem Auftrag gekommen, drei bis vier „große Produktionen“ zu machen.

Warum glaubst du, hat Kampnagel so große Schwierigkeiten mit einem seperat abgesteckten Bereich für ein Jugendtheater?

Das liegt daran, daß ich hier zwei Jahre mit der geballten Faust in der Tasche herumgelaufen bin, um überhaupt Ressourcen für das Jugentheater freizukämpfen. Daß hier jemand sitzt, der ohne Diplomatie und taktisches Gespür, nur mit kämpferischen Willen, immer wieder etwas in Bewegung bringt, das schafft zwangsläufig Neider, Konkurrenten und Feinde.

Es wird viel rumgedolcht

Aber eine Aussage, wie die von Jack Kurfess, dem kaufmännischen Leiter von Kampnagel, man würde lieber auf die 1,5 Millionen Mark für das Jugendtheater auf Kampnagel verzichten, als das JAK hier zu verankern, kann ja nicht nur vom Neid diktiert sein?

Ich habe Kurfess darauf angesprochen, denn es sieht ja nach außen so aus, als ob ich hier der Querulant bin, und er mit mir nicht will. Und das ist nicht so. Ich finde, er hätte deutlicher sagen müssen, daß er der Auffassung ist, Jugendtheater muß selbstständig sein. Stattdessen argumentiert er jetzt auch in die Richtung: Wenn Zielinski es für die 1,5 Millionen nicht macht, dann müssen wir das Geld hier behalten, also möglichst schon jetzt, wo er noch da ist, ein Konzept entwickeln, wie das hier auf Kampnagel auszusehen hat. Und dann wird auch noch gleich ein Dramaturg eingestellt, der das zukünftig leiten kann. Das sind typische Hamburger Geschichten. Da wird einfach viel rumgedolcht.

Wie kam es zu dem eisigen Verhältnis mit Res Bosshart, dem zukünftigen Kampnagelleiter?

Der ist einfach ein bißchen unsouverän, aber der muß seinen Job ja auch noch üben. Wenn ich - wohlgemerkt gemeinsam mit Kurfess - sage, so geht es nicht weiter und aufhöre, dann ist es schon merkwürdig, daß Bosshart nicht einmal fragt, was da eigentlich passiert ist oder als erste Tat eine Unterstützungsaktion initiiert. Das halte ich für ein wenig schwach.

Und inzwischen hat es noch immer kein Gespräch zwischen Boss-hart und dir gegeben?

Nein, und daß es, wie Bosshart behauptet, ein Gespräch hätte geben sollen, ist ein Lüge. Es sollte ein Gespräch geben mit Jack Kurfess. Das war während der Wiederaufnahmeproben zu Abwege, die ich unheimlich knapp gestaltet habe, damit wir nicht soviel Geld zahlen müssen. Und da habe ich kurzfristig dieses Gespräch abgesagt. Mir wurde nie gesagt, daß dies ein Gespräch mit ihm gewesen wäre.

Du hast immer wieder gesagt, daß die 1,5 Millionen Mark in der Realität keine Etat-Erhöhung darstellen.

Wir haben jetzt mit 2,4 Millionen plus ein paar Einnahmen zwei Jahre höchst entsagungsreich Theater gemacht. Im Durchschnitt hatten wir 1,2 Millionen, ein paar Einnahmen dazu, dann bist du bei 1,5 Millionen. Jetzt müssen wir von den 1,5 Millionen 100.000 an Kampnagel bezahlen, zudem 1 3/4 neue Stellen schaffen und den Aushilfsetat deutlich erhöhen, weil es keine Technik von Kampnagel mehr gibt. Damit haben wir schlußendlich denselben Etat wie vorher.

Gab es jemals verbindliche Zusicherungen über den Etat und die Perspektive auf ein eigenes Haus?

Nein, es gibt keinerlei Bestandserhaltungsgarantie; auch nicht für das Thalia-Theater, auch wenn das nicht so einfach wegzudenken ist, wie das JAK.

Der Brunnen ist vergiftet

Gibt es auch Hilfe irgendwo?

Die Mitglieder der SPD des Kulturausschusses waren sehr bemüht: „Können wir sie nicht irgendwie halten, vielleicht mit einer Überbrückung bis 95, und dann kann ja das und das passieren“. Vorstellbar ist alles, aber nur wenn da ein Stück Papier liegt, wo drinnensteht, man garantiert uns zumindest eine Drei-Jahres-Perspektive. Man muß es von der Seite sehen, daß für eine Stadt wie Hamburg ein Jugendtheater eigentlich selbstverständlich sein müßte. Davon muß man ausgehen.

Christina Weiss hat auf der Podiumsdiskussion zur Kulturpolitik gesagt, man werde alles tun, um das JAK hier zu halten. Ist dir bekannt, was mit „alles“ gemeint ist?

Das ist eine kulturpolitische Behauptung. Im Klartext heißt das, daß Kampnagel 1,5 Millionen kriegt und damit ein Etikett Jugendtheater daherschwindelt.

Wird etwas bewegt, dich und dieses Theater hierzubehalten?

Meine Person wird konsequent weggelobt. Aber auch mit dem Jugendtheater ist es schwierig. In Zeiten der Geldnot ist ja nichts mehr sicher, wie man in Frankfurt sieht.

Erwartest du was von dem Gespräch, das Christina Weiss auf der Veranstaltung angekündigt hat?

Ich weiß nicht, wie dieser angebliche Gesprächstermin im Februar zustande gekommen sein soll. Ich habe keinen Termin.

Knut Nevermann, Staatsrat in der Kulturbehörde, hat in der letzten Aufsichtsratssitzung von Kampnagel gesagt, man solle mit einer endgültigen Entscheidung über das JAK bis März warten. Was kann das bedeuten?

Ich weiß es nicht. Hier ist der Brunnen jedenfalls vergiftet. Was man noch machen könnte wäre, daß man rumläuft und in der Stadt nach einer Halle sucht, aber dazu muß man ein bißchen jünger sein.

Eine Fortführung des JAK auf Kampnagel ist für dich völlig undenkbar?

Ich habe ein deutliches Signal gesetzt: Es hat ein Ende hier, es sei denn, es gibt die Aufrüstung einer Halle mit den dazugehörigen Strukturen und Räumen und eine Perspektive der Verselbständigung. Wenn nicht, denn nicht. Und diese Grundhaltung hat jetzt auf Seiten Kampnagels eine Aufkauf-Mentalität ausgelöst. Folglich ist man da jetzt ein bißchen heimatlos, es fehlt tatsächlich der Raum, um weiter Theater zu spielen.

Die Fragen stellte Till Briegleb

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