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■ Das PortraitGerry Adams

Der Vorsitzende von Sinn Féin Foto: Reuter

Die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher zählte ihn zu „den größten Feinden Großbritanniens“. Der irische Journalist Tim Pat Coogan bescheinigte ihm eine „außergewöhnliche Gabe für politische Analyse“. Und spätestens seit seiner US-Reise vor wenigen Wochen ist er in Übersee der bekannteste irische Politiker. Die Rede ist von Gerry Adams, dem Präsidenten von Sinn Féin („Wir selbst“).

Adams wurde 1949 im katholischen Arbeiterviertel West-Belfast geboren. Wie seine neun Geschwister verließ auch er die Schule frühzeitig und arbeitete in einer Kneipe. Mit 15 trat Adams Sinn Féin bei, engagierte sich in Arbeitsloseninitiativen und war Mitbegründer der nordirischen Bürgerrechtsbewegung.

Als sich Sinn Féin und IRA 1970 spalteten, schloß Adams sich dem „provisorischen Flügel“ an, der – im Gegensatz zum „offiziellen Flügel“, der heutigen sozialdemokratischen „Democratic Left“ – für den bewaffneten Kampf eintrat. 1971 wurde Adams ohne Anklage interniert, kam jedoch ein Jahr später frei, um als Mitglied einer IRA-Delegation in London an Verhandlungen mit der britischen Regierung teilzunehmen. Als der ausgehandelte Waffenstillstand zehn Tage später zusammenbrach, verschwand Adams im Untergrund. 1973 wurde er verhaftet und drei Jahre im Lager Long Kesh bei Belfast festgehalten. 1978 verbrachte er weitere sieben Monate in britischer Haft, ohne jemals verurteilt worden zu sein.

1983 wurde Adams als Abgeordneter für West-Belfast ins Londoner Unterhaus gewählt, nahm den Sitz gemäß den Sinn-Féin-Prinzipien jedoch nicht ein. Erst 1992 verlor er das Mandat wieder. Im März 1984 wurde Adams von mehreren Kugeln in die Schulter und in den Hals getroffen, überlebte jedoch dieses Attentat eines protestantischen Mordkommandos.

Die stehenden Ovationen nach seiner Rede auf dem Dubliner Parteitag am Wochenende haben unterstrichen, daß Adams in der eigenen Partei uneingeschränktes Vertrauen genießt. Vertreter anderer Parteien und die Medien reagieren allerdings skeptisch auf sein Versprechen, noch in dieser Generation Frieden in Nordirland herbeizuführen. Der Wille dazu ist ihm jedoch kaum abzusprechen. Ralf Sotscheck

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