: Fiese feine Leute
■ Die Lattorff-Pleite kam nur für die Beschäftigten der Edel-Läden unerwartet
Gedränge um Geschirr-Schnäppchen: In dieser Woche begann mit großem Brimborium der Räumungsverkauf in den Edel-Porzellan–Läden Lattorff. Der Ausverkauf der Belegschaft ist dagegen schon so gut wie abgeschlossen.
Unerwartet kam das „Aus“ für Lattorff (fünf Geschäfte mit 80 Beschäftigten) im Januar '94 offensichtlich allein für die MitarbeiterInnen. Wie erst jetzt bekannt wurde, hatte die Firma schon seit zwei Jahren die Zahlungen der betrieblichen Altersversorgung ausgesetzt. Im letzten Vierteljahr waren auch die Arbeitgeberbeiträge für die Sozialversicherung nicht mehr bezahlt worden. Die Beschäftigten aber erfuhren von dem drohenden Kollaps des Unternehmens kein Wort. Daß die rund 100 Lattorff-Pensionäre nicht ohne Geld blieben, ist allein dem Pensions-Sicherungs-Verein in Köln zu danken, der bis zum 31. Dezember 1993 die Zahlungen übernahm.
„Spätestens zu diesem Zeitpunkt“, so Ullrich Meinecke von der Gewerkschaft HBV, „hätte die Geschäftsführung die Beschäftigten über die wirtschaftliche Misere aufklären sollen. Das gehört zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers“. So aber wagten einige Mitarbeiter im Vertrauen auf ihren sicheren Arbeitsplatz noch größere Anschaffungen – jetzt haben sie Schulden.
Der Konkurs wurde just zu dem Zeitpunkt beantragt, als die firmeneigene Unterstützungskasse wieder ihre Zahlungen hätte aufnehmen sollen. Das aber war der Familie Dahl wohl zu teuer. Und auch nach Eröffnung des Konkursverfahrens sitzen die „freigestellten“ Lattorff-Beschäftigten auf dem Trockenen. Sowohl Zwangsvollstrecker Dr. H.-J. Müller als auch der Rechtsanwalt der Dahl-Familie, Dr. G. Baarz, hatten die verdatterten Lattorff-Angestellten ermutigt, flott Aufhebungsverträge zu unterschreiben.
Bis auf 15 folgten alle Beschäftigten, von denen einige 35 Jahre in der Firma waren, diesem Rat. Mit der Folge, daß alle Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber erloschen sind. HBV-ler Meinecke: „Lattorff zeigt, wie wichtig es ist, frühzeitig einen Betriebsrat zu wählen. Der hätte nämlich einen Sozialplan abschließen können.“
Klaus Peter Koch/kva
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