: Doch Kammer-Vereinigung?
■ DGB will engere Zusammenarbeit fördern / Intrigen und Befürchtungen
Sechs Jahre lang war Ruhe, jetzt kommt das Thema wieder auf den Tisch. In dieser Woche hat der DGB-Kreisvorstand eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die „Vorschläge für eine engere Kooperation zwischen Angestellten- und Arbeiterkammer“ machen soll. Nur knapp gescheitert ist dabei das Anliegen, gleich die komplette Zusammenlegung der beiden Kammern zum Thema zu machen. Neben einer Reihe sachlicher Argumente spielen in dieser Frage vor allem innergewerkschaftliche Interessenskonflikte und Intrigen eine wichtige Rolle.
Rein sachlich spricht für die Zusammenlegung vor allem der Umstand, daß es sich der Unterschied zwischen Arbeitern und Angestellten inzwischen weitgehend verwischt hat. So gibt es im Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht kaum noch abweichende Regelungen für die beiden Gruppen. Und außerdem nimmt die Zahl der ArbeiterInnen immer weiter ab. Hatten Angestellten- und Arbeiterkammer bei der vorletzten Wahl 1987 noch gleich viele Mitglieder, gab es 1993 schon 15.000 Angestellte mehr.
Das führt dazu, daß sich auch die Zwangsbeiträge der Bremer Beschäftigten zunehmend ungleich auf die beiden Kammern verteilen. So landen aus dieser Quelle gut 13 Millionen Mark pro Jahr bei der Angestellten-, aber nur knapp neun Millionen bei der Arbeiterkammer. Ursache dafür ist neben der niedrigeren Zahl auch das geringere Durchschnittseinkommen der ArbeiterInnen.
Gegenüber den 73 MitarbeiterInnen der Arbeiterkammer kann sich die Angestelltenkammer deshalb 120 Beschäftigte leisten – neben den insgesamt 220 MitarbeiterInnen in den Bildungseinrichtungen. Im „Arbeiterbildungszentrum“ sind dies nur 100. Die zunehmende Ungleichheit merken die Arbeiterkammer-Beschäftigten sogar auf dem eigenen Gehaltsstreifen, zahlen sie doch als Angestellte allesamt ihre Zwangsabgabe an die „Konkurrenz“ bei der Angestelltenkammer.
Dem Trend zur Verwischung der Grenzen zwischen Arbeitern und Angestellten widerspricht selbst einer nicht, der als Gegner des Kammer-Zusammenschlusses bekannt ist, der Angestelltenkammer-Geschäftsführer Eberhard Fehrmann. Und er gibt auch zu: „Natürlich würde eine Zusammenlegung der Kammern erhebliche Kosten in der Verwaltung sparen.“ Trotzdem hält Fehrmann nichts davon. „Würde das nicht wieder ein bürokratischer Moloch mit der Gefahr des Mißbrauchs?“ fragt er. Und: „Hat die Konkurrenz zwischen den Kammern nicht auch Vorteile?“. Außerdem gebe zur Zeit „wirklich wichtigere Probleme“.
Trotzdem wittert der Kammer-Personalrat gerade in dem Plan, die Bildungseinrichtungen der Angestelltenkammer als GmbH neu zu organisieren, einen ersten Schritt in Richtung Zusammenlegung der Kammern. Schließlich würden damit einheitliche Strukturen geschaffen, da das „Arbeiterbil-dungszentrum“ schon immer als GmbH organisiert ist.
In der Arbeiterkammer werden eher die Vorteile eines Zusammenschlusses gesehen. Schließlich war ihr Geschäftsführer Heinz Möller schon als DGB-Vorsitzender ein heftiger Befürworter. Und auch die aktuelle DGB-Führung sieht eher die Chancen, wäre doch mit einem Zusammenschluß der Kammern die lästige Gefahr eines DAG-Wahlsieges im Angestelltenbereich ein für alle mal vorbei.
Sorgen macht ein möglicher Zusammenschluß vor allem denjenigen Bereichen der Angestelltenkammer, die sich in ihrer Kultur- oder Bildungsarbeit langsam vom klassischen Gewerkschaftsstil und -klientel entfernt und neuen Themen geöffnet haben. Denn während die Mitglieder der Angestelltenkammer nur zu rund 30 Prozent gewerkschaftlich organisiert sind, liegt die Quote in der Arbeiterkammer bei 70 Prozent.
Formal ist ein Kammer-Zusammenschluß allerdings nicht so leicht zu bewerkstelligen. Als Beschluß der Kammer-Selbstverwaltung würde er eine Zwei-Drittel-Mehrheit erfordern, die es angesichts der starken DAG-Opposition in der Angestelltenkammer nicht geben wird. So könnte die Zusammenlegung nur von der Bürgerschaft über eine Änderung des Kammergesetzes bewirkt werden. Doch daran möchte im Gewerkschaftshaus möglichst niemand rühren, könnte doch bei einer Gesetzesnovellierung auch die Frage auf die Tagesordnung kommen, warum eigentlich nur Gewerkschaftslisten für die Kandidatur zu den Kammer-Vollversammlungen zugelassen werden. Ase
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