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Adieu Kindergartenprogramm und Projekte

■ Sparliste: Tiefe Schnitte im Sozialen / FDP: Mehr Stadtwerke verkaufen

Schlechte Nachrichten für alle, die nicht reich und unabhängig sind: Das Ausbauprogramm für die Kindergärten ist nur noch Makulatur, Frauen- und Mädchenprojekte wie die Gewitterziegen oder das Mädchenkulturhaus werden mit einer Stelle weniger oder gar nicht auskommen müssen, genauso wird es die Aidsberatung treffen oder Blaumeier oder, oder... Daß die dringend nötige Sanierung des Hauptgesundheitsamtes gestreckt und zusammengestrichen wird, das ist noch harmlos gegen die Streichungen, die es im Krankenhausinvestitionsprogramm geben wird. Kurz: Einen Tag nachdem die neue Sparliste des Senats in die Öffentlichkeit gekommen ist, herrscht bei den Ressorts Heulen und Zähneklappern. Und da sind die Überlegungen im Sozial- und Gesundheitsressort nur exemplarisch. Ressortsprecher Wolfgang Beyer: „Wir kratzen die erforderlichen Millionen zusammen.“

Und die ersten, die dabei weggekratzt werden, das werden die Projekte sein, dazu bedarf es keiner besonderen Prophetie. Der Sozialstaatsrat Hans-Christoph Hoppensack war mit einem Vorschlag in die Sparrunde am letzten Freitag gegangen, der vor allem auf langfristige Konzepte setzte. Dieses Jahr sei nichts mehr zu machen. Aber damit erlitt Hoppensack Schiffbruch: Mehr als acht Millionen Mark muß das Sozialressort schon in diesem Jahr zusammensparen, nicht erst 1995. Und das zwingt zu schnellen Schnitten, die nicht überall angesetzt werden können. Beyer: „Von heute auf morgen, das geht am besten bei den Projekten.“

Im Sozialressort scheint es kaum noch Hoffnung zu geben, daß die Katastrophe noch einmal vorübergeht. Die FDP hat die Sparliste vom Freitag akzeptiert, der SPD ist auf ihrer Klausurtagung in Emden auch keine Alternative eingefallen, nur die Grünen schlagen Krach. Sie wollen noch einmal einen Anlauf machen, die Sparquote für das Sozialressort zu drücken. Die grüne Fraktionssprecherin Karoline Linnert: „Die Größenordnung, die da vorgeschlagen ist, die ist nicht akzeptabel.“ In den kommenden Tagen soll noch einmal eine Koalitionsrunde über dem Thema brüten, wie Bremen sein klaffendes Haushaltsloch stopfen soll.

Besonders in der politischen Kritik ist bei dieser Sparrunde neben dem Sozial- vor allem das Bildungsressort. Der Bildungssenator hatte im letzten Jahr sogar acht Millionen Mark Haushaltsreste produziert, die er trotz großen Bedarfs nicht hatte ausgeben können. Jetzt soll er sechseinhalb Millionen sparen.

Das Haus Gaertner hat mit dem Ruf zu kämpfen, mit unlauteren Haushaltstricks immer wieder zusätzliche Gelder herauszuschinden. FDP-Fraktionschef Welke schlug gestern in diese Kerbe: Das Ressort müsse endlich nach Einsparpotentialen durchforstet werden, forderte er bei einer Pressekonferenz. Insbesondere die Kosten für Sozialhilfe lägen überproportional über denen andere Städte.

Zur Rettung des Haushaltes hat sich die FDP noch eine Besonderheit ausgedacht: Von den Stadtwerken soll ein wesentlich größerer Teil verscherbelt werden, als bisher diskutiert, forderte Welke. Alle Beschränkungen und energiepolitischen Auflagen seien nur dazu geeignet, Käufer abzuschrecken. „Töricht, das aus der Hand geben zu wollen“, kommentierte der grüne Umweltsenator Ralf Fücks. „Das ist eines der wenigen Unternehmen im Gestaltungebereich bremischer Politik, das zudem ein hohes Innovationspotential hat.“ Nur der grüne Fraktionschef Dieter Mützelburg stimmte der FDP zu: „Genau, ich bin dafür, daß 150 Prozent der Stadtwerke verkauft werden, dann kriegt Bremen noch mehr Geld.“ J.G.

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