: Dem Trott getrotzt
■ Premiere: „Swingpfennig/Deutschmark“
Sie bewegen sich zwischen Tatoo-Laden, Plattenladen, Straße, Kino und zuhause, den Hafen immer in Sichtweite. Schorsch (Schorsch Kamerun), Jo (Francois Cactus), Marcela (Calamity Jane), Ed (Ted Gaier), PS (Ale Sexfeind), Nico (Melanie Scarlett), Claudia (Claudia Grabbe), Horsti (Horsti Schmandhoff), Bruno (Psycho II), aber auch Hamburg St. Pauli und ein Lebensgefühl abseits eines verordneten Glücks sind die Hauptdarsteller in Margit Czenkis neuem Film Swingpfennig/Deutschmark. Die dokumentarische Spielfilm-Collage verwebt Geschichten aus der Stadtteilgeschichte mit dem Alltag im heutigen St. Pauli, mit der Handkamera eingefangen von Kamerafrau Hille Sagel.
Hier schmeckt das Leben zwischen Observierung durch Zivilpolizisten, tatkräftigem Widerstand gegen alltäglichen Rassismus und der produktiven Suche nach künstlerischem Ausdruck noch nach Abenteuer, nach nie Dagewesenem. Doch die schrillen Glückssucher finden auch in ihrem Alltag Spuren der von den Nazis aus St. Pauli vertriebenen Chinesen, die einst das Viertel mitprägten, sie finden Gemälde der Malerin Elfriede Lohse-Wächtler, deren eigenständige und unkonventionelle Lebensweise die Nazis beendeten, indem sie sie in eine psychiatrische Klinik einschlossen, wo sie 1940 starb. Und Tatoo-Theo erzählt wie er nach dem Krieg öfter mal tätowierte Hakenkreuze überstichelte.
Etwas kühler fällt zunächst die Begegnung mit zwei alten Knackern aus, den beiden „Swing Heinis“ Otto Bender und Günter Discher, die sich in den Plattenladen der Freunde verlaufen. Von nostalgischer Widerstands-Romantik ist in Swingpfennig/Deutschmark keine Spur, aber doch davon, daß der „Trotz gegen den Trott“ schon mal da war, wie - fast - alles. jk
Premiere mit Live-Musik: Montag, 14. 3. 21.15 Uhr; Vorstellungen am 15.3. und 17.3., 19 Uhr
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