: Notizen aus dem Nähkästchen
■ Eine neue Reihe im Frauenkulturhaus „TheaLit“ nimmt die Mechaniken des Lesens und Schreibens auseinander/ Heute abend Eröffnung mit einer „Notizbücherei“
„Ich kenne eine Frau, die schreibt ihre Träume nachts immer gleich in ihren Laptop“, erzählt Claudia Reiche. Wozu noch Handgeschriebenes? Wozu Tage- und Träumebücher? Denn „Notizbücher an sich sind ja schon fast was Altmodisches.“ Davon kann Reiche nicht genug kriegen. Über 150 Exemplare hat sie bislang gesammelt, und es soll noch weitergehen: Eine Bücherei voll nie verlegter Werke hat sich so zusammengeläppert, voll intimer Schriften und verborgener Gedanken. Jetzt ist Reiches „Notizbücherei“ öffentlich einzusehen. Die Sammlung einmaliger Bücher wird ab heute im Frauenkulturhaus „TheaLit“ vorgestellt; sie bildet zugleich den Auftakt für die Veranstaltungsreihe „Maschinen“, in der „Maschinen, Schrift und Bücher“ neu betrachtet und gelesen werden sollen.
Das ist nicht gerade ein kleines Thema. Ziel und Verlauf der Reihe lassen die Veranstalterinnen denn auch weit offen. Ausgehend von einem „erweiterten Maschinenbegriff“, begreifen sie ihr Frauenkulturhaus mit all seinen Funktionen als „Vermittlungsmaschine“; und schließlich könne man auch „die Leser als gesteuerte Maschinen“ auffassen, die ja u.a. nach den Regeln der Kunst, des Buchdrucks und des Alfabets zu funktionieren haben. Die Regeln zu hinterfragen – auch dazu soll die „Maschinen“-Reihe die Frauen anstiften.
Wie man z.B. Texte richtig auseinandernimmt, demonstiert Ursula Biether am 29.4.: Ihre Aktion namens „Demontage des traditionellen Buches“ ist ziemlich wörtlich zu nehmen. An die Wurzeln des Mediums begibt sich auch die Ausstellung mit dem verheißungsvollen Titel „Leselotto“. Bilderrätsel, Hieroglyfen und v.a. Leselernbilder sind hier zusammen- bzw. durcheinandergewürfelt, und mit ihnen alle Begriffe, so wie wir sie kennen. Eine (Ein-)Führung geben Andrea Sick und Friederike Janshen am 15.4. Neben der Mechanik des Lesens wird natürlich auch die des Schreibens untersucht. Aufzeichnungsapparte aller Art sollen unter die Lupe genommen werden, die Videokamera ebenso wie die Schreibmaschine: „Frauen, die keine ausreichende Schulbidung hatten, haben sich eben besonders geeignet als Reservearmee, um Anfang des Jahrhunderts diese neuen Maschinen zu bedienen.“
Neben dieser mechanischen Tätigkeit aber haben die persönlichen Äußerungen von Frauen oftmals eher in privaten Notizheften ihren Platz gefunden. „Das ist ein immenser Fundus an nicht veröffentlichten Schriften“, sagt Reiche. Die sie jetzt als Forschungsmaterial aufblättert: Kladden, vollgekritzelte Kalender, Gästebücher, Poesiealben... alles ordentlich numeriert und nach Genres sortiert. Auch als Einladung zum Weiterschreiben. Denn neben Reiches Bücherschrank steht auch ein Schreibtisch, mit Schreibgerät und zwei leeren Büchern drauf. tom
„Notizbücherei“, Eröffnung (samt Führung) heute, 20 Uhr; anschl. bis 5.5. tägl. 16 - 0.30 Uhr bei TheaLit, Im Krummen Arm 1
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