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Protest gegen Krieg unterm „Osterbroiler“

■ Ostermarsch: 5.000 Menschen gegen bewaffnete Einsätze der Bundeswehr / Weniger Teilnehmer als im Vorjahr

Das Schalmeienorchester „Fritz Weineck“ und ein japanischer Mönch sorgten beim gestrigen Ostermarsch für Lautstärke. Ansonsten verlief die traditionelle Friedensdemonstration, die gegen 14 Uhr in Charlottenburg am Adenauerplatz startete, nahezu lautlos. Passanten und Touristen waren fast ausnahmslos auf die wenigen Transparente angewiesen, um zu erfahren, wovor die anfänglich nur rund 1.500 Ostermarschierer dieses Jahr warnten und was sie forderten.

„Entweder wir schaffen die Rüstung ab, oder die Rüstung schafft uns ab“ oder „Keine Profite durch Waffenexporte“ hieß es auf den wenigen Spruchbändern.

Die anfängliche Enttäuschung über die geringe Teilnehmerzahl wich mit der Zeit dann aber doch der Freude darüber, daß der Zug bis zum Breidtscheidplatz auf über 3.000 Teilnehmer anwuchs. Zu Beginn der Abschlußkundgebung an der Gedächtniskirche sollen es nach Angaben der Veranstalter kurzzeitig sogar 5.000 Menschen gewesen sein. Nachdem Regen einsetzte, ging die Zahl der ZuhörerInnen freilich schnell zurück.

Die Friedensinitiative Wilmersdorf hatte sich die meiste Mühe gegeben, für Aufmerksamkeit zu sorgen. Auf einem Polo war eine überlebensgroße weiße Taube festgezurrt. Unter dem an süddeutsche Karnevalsumzüge erinnernden „Osterbroiler“ mahnten zwei Schilder „Nicht die Kurden sind Terroristen, sondern die, die sie zu solchen Verzweiflungstaten treiben“.

Auffälligerweise nahmen gestern nicht mehr als zwei Dutzend Kurden am Ostermarsch teil. Auf rotem Tuch hieß es in gelber Schrift: „Macht Druck auf die Türkei – die Kurdenfrage politisch lösen.“ Ihre geringe Präsenz erklärte ein Kurde gegenüber der taz mit einem in Kreuzberg zeitgleich stattfindenden Kongreß.

Zu den zahlenmäßig nur gering vertretenen „Randgruppen“ zählten ebenfalls die Autonomen. Ihr weißes Laken zählte mit den Worten „Feuer und Flamme für alle Rüstungsprogramme“ zu den verbalradikalsten. Beim Marsch zur Gedächtniskirche hatten sich die Autonomen an die Spitze des Zuges gesellt, direkt neben das offizielle meterlange Transparent des Veranstalters, der Friedenskoordination, daß diesmal von mehreren Sozialdemokraten getragen wurde.

Angeführt wurde der Zug unter anderem von Nikolaus Sander (SPD), einer der wenigen Abgeordneten, die gestern gesehen wurden. Er erklärte sich die deutlich geringere Teilnehmerzahl – im vergangenen Jahr waren 10.000 Menschen für den Frieden in Berlin auf die Straße gegangen – damit, daß „die Leute offenbar glauben, genug getan zu haben“.

Dabei seien die von Bayern angedrohte Abschiebung von Kurden und die rassistischen Übergriffe alles Themen des Ostermarsches. Die Friedensbewegung habe davon gelebt, daß einst in Deutschland Raketen stationiert wurden und werden sollten. Jetzt sei die Rede davon, daß die Bundeswehr abgebaut werde.

„Es ist nicht mehr die Zeit der großen Demos“, sagte Ria Henseling, jahrelang aktives Mitglied in der Friedensinitiative Zehlendorf und gestern als Sozialdemokratin dabei.

Die 56jährige Traudl Vorbrodt, bekannt durch ihr Engagement in der Asylpolitik, trug gestern das Transparent für Pax Christi. Sie vermutete, in der Vergangenheit sei ein Motiv für Friedensbewegte die Angst gewesen, ihr Auto wegen des Golfkrieges nicht mehr volltanken zu können.

Die schwache Beteiligung am Ostermarsch sei aber auch darin begründet, daß man sich heute nicht mehr einig sei, ob im ehemaligen Jugoslawien militärisch eingegriffen werden sollte oder nicht.

Auf der Abschlußkundgebung rief die Pastorin der niederländisch-ökumenischen Gemeinde, Be Roys, zu einer „ausländerfreundlichen Stadt“ auf. Sie beklagte den aufkeimenden Antisemitismus. Der stellvertretende Landesvorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, Bernd Rissmann, rief die Bundesregierung auf, alle Waffenexporte zu unterbinden.

Auch die Gewerkschaften werden trotz sechs Millionen Erwerbsloser auf Arbeitsplätze verzichten, die „auf dem schmutzigen Geschäft mit dem Tod basieren“, versprach Rissmann. Nach Auflösung der beiden Blöcke habe man auf eine neue Weltfriedensordnung ohne Waffen gehofft: „Wir haben uns leider getäuscht“, bedauerte Rissmann.

Angesichts der geringeren Teilnehmerzahl äußerte Rissmann gegenüber der taz, daß künftig auch der Gewerkschaftsbund deutlicher machen muß, daß auch Beschäftigte wieder mehr für den Frieden demonstrieren müssen.

Die Veranstalter waren – trotz der erwarteten 10.000 Teilnehmer – mit dem Ostermarsch zufrieden. „In Berlin hat die bundesweit größte Demonstration stattgefunden“, meinte der 29jährige Organisator Matthias Trennczek. Dirk Wildt

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