: Frau hat es schwer
■ Nach der Germanistin Brodsky will Senator Erhardt auch eine Brasilianistik-Forscherin nicht Professorin werden lassen
Frauenförderung fällt Wissenschaftssenator Ehrhardt (CDU) bei der Besetzung von Professorenstellen offensichtlich schwer. Heute muß Erhardt im Wissenschaftssausschuß des Abgeordnetenhauses begründen, warum er bei den Germanisten statt der Erstplazierten der Bewerbungsliste, Claudia Brodsky, der Nummer zwei, Gert Mattenklott, den Vorzug gibt (taz vom 2. April). Nun wurde bekannt, daß es auch am Lateinamerika-Institut (LAI) der Freien Universität eine Frau schwer hat, Professorin zu werden.
Die Brasilianerin Ligia Leita, zur Zeit Dekanin der „Vergleichenden Literaturwissenschaften“ an der Universität von São Paulo/ Brasilien, wartet schon seit mehr als einem Jahr darauf, endlich den Ruf aus Berlin anzunehmen. Sie war nach der Bewerbung für eine C3-Professur mit Schwerpunkt „Brasilianistik“ auf dem zweiten Kandidatenplatz gelandet. Als sich die Berufung des Erstplazierten zerschlug, schien alles klar zu sein. Doch weit gefehlt.
Nachdem der Wissenschaftssenator gebeten wurde, Ligia Leite nach Berlin zu holen, gab er sich plötzlich sehr zugeknöpft. Er schickte die Liste postwendend an die FU zurück und wollte wissen, ob sich die Bewerberlage inzwischen geändert habe. Zwar wurde dies von Fachleuten verneint und auch nochmals auf den einstimmigen Beschluß der Berufungskommission hingewiesen.
Doch nun begann der Uni-interne Kleinkrieg. Der konservative Fachbereich „Neuere Fremdsprachliche Philologien“, der zusammen mit dem LAI über Berufungen der Lateinamerikanistik entscheidet, wollte die von ihm ohnehin ungeliebte Stelle zur Streichung freigeben. Der für die Berufung zuständige Vizepräsident Dietz, selber vom Fachbereich „Philologien“, kam dieser Bitte nach, und so stand die Professur auf der Abschußliste.
Die Frauenbeauftragte der FU, Christine Färber, forderte daraufhin das höchste Universitätsgremium, den Akademischen Senat (AS), auf, Erhardt erneut um die Berufung zu bitten. Der AS stimmte zu, und die Liste landete zum zweiten Mal beim Wissenschaftssenator. Doch Erhardt sträubte sich weiterhin. Nun will er ein Zusatzgutachten sehen, welches die Qualifikation der Brasilianerin beweist.
Das ist für Dr. Marianne Braig, Frauenbeauftragte am LAI, unverständlich. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum Frau Leite nicht berufen wird, wie es der AS vorschlug. Obwohl im Berufungsverfahren bereits die fachliche Qualifikation und die ,Listenfähigkeit‘ von Leite nachgewiesen wurden, will er nun einen weiteren Beweis ihrer Fähigkeiten“, sagt sie. Als einziges Gegenargument würden immer wieder die angeblich mangelnden Deutschkenntnisse angebracht, ein Hindernis, daß dem ebenfalls portugiesisch sprechenden Erstplazierten nie zum Vorwurf gemacht worden sei.
Daß die Professur gebraucht wird, bestreitet bis jetzt niemand. Nur einen „ordentlichen“ Professor haben die 600 Studierenden der Lateinamerikanistik. Peinlich ist die Sache aber nicht nur für Erhardt, sondern auch für die FU- Leitung. So war die Wissenschaftsszene in Brasilien von dem Ausschreibungstext positiv überrascht, in dem es hieß: „Bei gleicher Qualifikation werden Frauen bevorzugt.“ Und noch eine Peinlichkeit: Vor kurzem erst ging die FU eine Partnerschaft mit der Universität São Paulo, wo Ligia bis jetzt arbeitet, ein. Christoph Dowe
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