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Hannover in der rotgrünen Krise

■ Noch haben weder SPD- noch Gabl-Gremien den Bruch der Koalition förmlich festgestellt / OB Schmalstieg würde CDU-Koalition begrüßen

„Bis heute ist von keinem der zuständigen Gremien das Ende der Koalition festgestellt“, sagt Detlev Schmidt, SPD-Ratsherr in Hannover. Am kommenden Montag wird die Gabl-Mitgliederversammlung beraten, ob sie die Koalition noch will oder ob sie sie für beendet hält wie der grüne Fraktionsvize Enno Hagenah. Am Dienstag wird die SPD-Fraktion erstmals über die Lage beraten. Auf der Fraktionssitzung am Dienstag dieser Woche war, so Detlev Schmidt zur taz, mit keinem Wort davon die Rede gewesen, daß der Parteivorsitzende Stephan Weil wenige Stunden vorher das Ende der rotgrünen Koalition gegenüber der Presse festgestellt hatte. (vgl. taz 20.4.) Dies sei ein Alleingang gewesen, auch in der Fraktionsvorstandssitzung vor dieser Pressekonferenz sei in keinster Weise besprochen worden. Fraktionsvorsitzender Klaus Huneke-Wick hat offenbar dabeigesessen und nicht widersprochen.

Die Zuspitzung der Hannoveraner Koalitions-Krise hängt natürlich mit der Abstimmung des Stadtrates über die Expo zusammen. Im Hintergrund steht aber schon die neue Lage auf Landesebene: „Wenn es heute im Lande eine Koalition gäbe, wäre vom Land massiv Druck ausgeübt worden, daß wir nicht solche Nichtigkeiten hochspielen“, sagt der SPD-Ratsherr Schmidt.

Nicht nur klimatisch, auch in der Sache spielen die neuen Mehrheiten auf Landesebene eine Rolle: Insbesondere das Planfeststellungsverfahren für das Straßenbauprojekt Pferdeturm-Kreuzung, an dem der Koalitionskonflikt entbrannte, wird als Bundesstraße vom Land betrieben. Für die Expo soll eine vierspurige Straße kreuzungsfrei den Messeschnellweg queren. In der Koalitionsvereinbarung steht klipp und klar, daß die Hannoveraner Stadtregierung dagegen ist, die SPD-Fraktion will das Problem aber neu prüfen unter dem Eindruck der Tatsache, daß die Stadt sich dem Begehren des Landes letztlich kaum wird widersetzen können. „Darüber neu nachdenken“ nennt das der Koalitionsbefürworter Schmidt, das Ende sei noch offen.

Für die Gabl sieht das anders aus: „Die SPD hat diese Koalitionsvereinbarung längst über den Haufen geschmissen“, ist da die übereinstimmende Auffassung. Mit dem Hannoveraner SPD-Parteivorsitzenden ist auch der OB Schmalstieg für ein rotschwarzes Expo-Bündnis. Auch Oberstadtdirektor Fiedler freut sich über den „Wendepunkt“ in der Entwicklung für die Stadt. SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Huneke-Wick verglich in der Rats-Sitzung die 2,9 Milliarden Expo-Investition in ihrer Bedeutung für die Stadt mit der „Chance, wie wir sie zuletzt 1947 hatten, als die Messe nach Hannover kam“.

Das Thema Expo ist so umstritten in der Stadt, daß man bei den Grünen gar nicht so glücklich darüber ist, daß daran nun die Koalition zerbrechen soll. „Jede Äußerung in Richtung Koalitionsbruch in diesen Tagen ist schädlich“, beschwört der Gabl-Geschäftsführer seine Ratsdamen und -herren. Im Vorfeld der Gabl-Mitgliederversammlung sollen die eher koalitionskritischen Gabl-Leute eher moderat gewesen sein, die gemäßigten Gabl-VertreterInnen hatten die Hoffnung, die SPD noch ein wenig bewegen zu können.

Der Poker scheint so noch einige Tage weiter zu gehen. Am Dienstag dieser Woche war die Stimmung in der SPD-Fraktion gewesen, die Gabl-Positionsbestimmung sei „kein Grund zur Aufregung“. Wohlweislich hatte die Gabl auch keinen Antrag in die Ratssitzung eingebracht, mit dem sie die SPD auf eine Position gegen den Pferdeturm-Kreuzungsausbau festgelegt hätte. „Daß der OB nichts gegen eine rotschwarze Koalition hätte, das ist nichts Neues“, sagt SPD-Ratsherr Schmidt. Trotzdem habe er bisher die rotgrüne Koalition loyal mitgetragen.

Während die CDU sich auf die neue Konstellation freut und als Bedingung formuliert, daß sie keine Politik der wechselnden Mehrheiten unterstützen werde, hofft der linke SPD-Flügel auf eine Fortsetzung des Bündnisses mit der Gabl. Das hat sich als handlungsfähig erwiesen: Gerade hatte die Koalition nach heftiger Debatte sich auf einen neuen Konzessionsvertrag verständigt und darauf, nur zweimal 12 Prozent der Stadtwerke-Anteile zu verkaufen, die energiepolitische Kompetenz also nicht an Stromkonzerne abzugeben. K.W.

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