: Fahning doch im Schneider-Konkursstrudel?
■ DAG fürchtet um 63 Arbeitsplätze / Handelsregister-Akte verschwunden
Die Pleite des hessischen Immobiliengiganten und Kreditschwindlers Jürgen Schneider kann nun doch Konsequenzen für das Hamburger Traditionsmodehaus Fahning haben. Diese Befürchtung hat zumindest die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) gestern geäußert. DAG-Sprecher Uwe Martens: „Die Beschäftigten bangen um ihren Arbeitsplatz.“ Grund: Schneider hat 1991 Fahning aufgekauft.
Seit Monaten sorgt das Fahning-Modehaus immer wieder für Negativschlagzeilen. Entlassungen, Konkursgerüchte, Mobbing-Vorwürfe gegen die Chefs. „Betroffen von dieser erneuten Zitterpartie sind 63 Angestellte“, so Martens: „Gerüchte gibt es viele, brauchbare konkrete Informationen über die Zukunft des Hauses Fahning allerdings kaum.“
In der Tat: Während zunächst Geschäftsführer Dieter Fahning mitteilte, der Zusammenbruch des Schneider-Imperiums tangiere das Modehaus nur am Rande, vermag das Amtsgericht Königstein – das für die Abwicklung des Schneider–Konkurses verantwortlich ist– nicht auszuschließen, daß auch Fahning in den Konkursstrudel geraten könnte. Ein Gerichtssprecher: „Entscheidend ist, in welcher Gesellschaftsform Schneider die Firma Fahning übernommen hat - ob über eine neugegründete GmbH oder über seine GbR.“ Wenn die GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) Fahning gekauft habe, sei das Modehaus Bestandteil der Konkursmasse. „Aber auch manche GmbH wird mittelfristig in den Konkurssog geraten. Da haben wir selbst noch nicht einmal den Überblick“, so der Sprecher.
Die Gebrüder Fahning teilten am 4. Dezember 1991 den Mitarbeiterinnen den Deal mit. „Um eventuelle auftretende Nachteile für die Zukunft zu vermeiden, haben wir uns nach reichlicher Überlegung entschlossen, unseren Immobilienanteil zusammen mit den Geschäftsanteilen der Firma Franz Fahning an das Ehepaar Dr. Jürgen Schneider und Frau Claudia Schneider-Granzow zu verkaufen.“ Schneider sei ein Garant dafür, die historische Immobilie am Neuen Wall zu restaurieren. Während des Umbaus ziehe das Unternehmen in die Mönckebergstraße. „Die Firma wird ab 1.1.1992 von Herrn Dieter Fahning als alleinigen Geschäftsführer weitergeführt werden.“
Schneider stellte sich am 6. März 1992 auf einem GbR-Briefbogen bei den Mitarbeitern vor. Er habe nicht nur das Fahning Haus gekauft (85 Millionen), „sondern darüber hinaus auch die Firma Modehaus Fahning erworben und damit auch die Verantwortung für Sie und Ihre Arbeitsplätze“.
Vor dem Arbeitsgericht gab die Geschäftsführung mehrfach an, das Kaufhaus gehöre seit 1991 der „Union Textil GmbH“ - deren Hauptgesellschafter das Schneider-Pärchen sei. taz-Recherchen brachten Merkwürdigkeiten zu Tage. So ist die Fahning-Akte im Handelsregister derzeit unauffindbar. Und auch ein Suchantrag von Fahning-Betriebsrats-Anwalt Rolf Geffken brachte kein Licht in das Dunkel. Geffken: „Ich habe mit einem Amtsrichter gesprochen - die Akte bleibt verschwunden. Und die letzte Eintragung auf dem Handelsregisterauszug stammt aus dem Jahre 1985.“ Der Geschäftsführerwechsel hätte aber im Auszug laut Geffken vermerkt werden müssen: „Das fand der Richter auch merkwürdig und meinte: Da ist was faul.“
Dieter Fahning war gestern nicht zu erreichen. Eine Mitarbeiterin: „Herr Fahning ist heute nicht mehr im Hause“. Underdessen hat die Berliner Hypobank, von der sich Schneider 85 Millionen Mark geliehen hatte, angekündigt, die Instandsetzung des Fahnings-Hauses fortzusetzen. Kai von Appen
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