: Modellcharakter oder Einzelfall
■ Verlag Gruner + Jahr plant Auslagerung der Zeitschrift „Sports“ Von Kai von Appen
Unruhe im Hause Gruner + Jahr (G+J): Die Zeitschrift „Sports“ soll in eine eigene „GmbH“ umgewandelt werden. Die G+J-Beschäftigten fürchten nun, daß diese Auslagerung „Modellcharakter“ haben könnte, um den Verlag und seine Redaktionen – nach dem Vorbild des Bauer-Verlags – in kleine Firmen zu zerstückeln, um Personal- und Sozialleistungen abzubauen. Der Betriebsrat lädt für den 31. Mai zur außerordentlichen Betriebsversammlung ein.
Eine derart harte Konfrontation zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung hat es seit Jahren nicht mehr gegeben. In einem „überfallartigen Verfahren“, so der Vorwurf des Betriebsrats, habe die Verlagsleitung Anfang März versucht, die Sports-Redaktion auszulagern und drastisch Personal einzusparen. Im einem „Betriebsrat-Aktuell“ hieß es dazu: „Zum ersten Mal seit vielen Jahren mußte der Betriebsrat der Geschäftsführung mit einer Einstweiligen Verfügung drohen, weil elementare Rechte der Mitarbeiter verletzt wurden.“
Mittlerweile haben Gespräche stattgefunden, die Planungen wurden offengelegt. Spätestens zum 1. Juli soll die Sports-Redaktion in eine „G+J Medienservice Verlags-Gesellschaft mbH“ überführt werden. Elf der 21 MitarbeiterInnen (Schluß-, Grafik, Bildredaktion) sollen dann an die neue GmbH-Tochter ausgeliehen werden.
Vier weitere Sports-Mitarbeiter erhalten in der neuen GmbH nur „Feste Freie-Verträge“ ohne die übliche Gewinnbeteiligung und Altersversorgung. In der neuen GmbH wird es also Redakteure 2. Klasse geben. Dem Rest der Sports-Leute sollen im Hause G+J Ersatzarbeitsplätze, Abfindungen und Vorruhestand angeboten werden.
Ziel der Maßnahme: Kostendämpfung. Seit der Sports-Gründung 1987 butterte G+J jährlich rund 3,5 Millionen Mark Defizitausgleich zu. Diese Aufwendungen sollen nun um mindestens 1,5 Millionen Mark gesenkt werden, was der Verlag allerdings offiziell nicht bestätigen möchte. G+J-Sprecher Dr. Christoph Groffy: „Zahlen kann man noch nicht nennen.“ Da bei Sports der Personalkostenanteil rund 58 Prozent des Gesamtetats beträgt – in den anderen G+J Redaktionen liegt er bei 36 bis 38 Prozent – setzt der Rotstift besonders bei den Gehaltskosten an.
Und noch ein Spareffekt bringt die Auslagerung für die Bilanz. Muß die Redaktion bislang rund 110 Mark pro Quadratmeter als Mietkostenanteil im G+J-Prunkbau am Baumwall veranschlagen, könnte ein Umzug der Redaktion in den Fleetrand-Neubau den Mietzins auf 34 Mark pro Quadratmeter senken. Dafür müssen die Sport-Redakteure dann eben auf eine Klimaanlage verzichten.
Belegschaft und Betriebsrat befürchten allerdings, daß die Sports-Ausgliederung nur ein „Versuchsballon“ sein könnte. „Es gibt auch andere Redaktionen und Abteilungen“, so ein Insider, „die auch nicht gerade in der Gewinnzone sind“. Es sei daher nicht auszuschließen, daß Abteilungen wie die Textdokumentation oder die „Art“-Redaktion ebenfalls Auslagerungsopfer werden, auch wenn dies Vorstandsmitglied Dr. Schuster bestreitet: „Dieses Modell der Sanierung von Sports ist nicht als Muster künftiger Maßnahmen im Verlag anzusehen.“ Im gleichen Atemzug räumt Schuster aber ein: „Wenn der Marktauftritt einer Abteilung durch eine solche Ausgliederung verbessert werden kann, ist das durchaus möglich.“
Der Betriebsrat beklagt daher in seinem jüngsten Info: „Durch die Einführung der Profit Center bleibt der G+J-Geist auf der Strecke, die bisherige Solidarität der Kollegen wird dem Moloch Kostendenken untergeordnet.“
In der Tat: Galt der Verlag noch vor Jahren als Musterbetrieb sozialer Absicherung, stehen nun auch den G+J-Angestellten harte Zeiten bevor. So ist – anders als bei der Verlagerung der „Eltern“-Anzeigenabteilung nach München im vorigen Jahr - bei der geplanten Verlegung der „Capital/Impulse“-Anzeigenabteilung nach Köln erstmals von Entlassungen die Rede.
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