: Die Pfingstruhe vor dem Sturm
■ Amateurfußball: Aufstiegsspiele und die neue Liga-Struktur
Die Ruhe vor dem Sturm herrscht über Pfingsten bei den Hamburger Amateurfußballern. Die einen machen schon mal ihre obligatorische Abschlußfahrt nach Mallorca, wo versucht wird, die erreichte Saison-Punktzahl in Promillegehalt umzusetzen - die anderen bereiten sich gewissenhaft auf die Auf- oder Abstiegsspiele vor.
Im Mittelpunkt des Hamburger Interesses stehen natürlich der SC Concordia und Bergedorf 85. Diese ersten beiden der Verbandsliga bestreiten die Aufstiegsrunde zur Regionalliga. Beide Mannschaften sind übrigens morgen und übermorgen noch beim Turnier des MSV Hamburg (Kandinskyallee) im Test-Einsatz.
Ohne diese Zitter-Spiele können sich die HSV-Amateure, der VfL 93 und der SV Lurup auf die erste Regionalliga-Saison vorbereiten. Für den norddeutschen Fußball gibt es durch diese neue Spielklasse nicht viel Neues, im Gegensatz zu den anderen Regionen der Republik. So gibt es im DFB-Bereich fortan nur noch vier Regionalligen (statt bisher elf Oberligen). Logischerweise Nord, Ost, Süd und West. Die vier Meister dieser Ligen steigen im nächsten Jahr automatisch in die zweite Bundesliga auf, in den darauffolgenden Jahren stellen der Norden und der Osten nur einen (gemeinsamen) Aufsteiger, weil diese beiden Ligen eigentlich zusammengelegt werden sollen.
Ziel der ganzen Umstrukturierung - schuld daran ist immer noch der Fall der Mauer - ist es, einen besseren Unterbau für den Profifußball zu bekommen. Anders gesagt: Der latente Profi-Fußball in der Oberliga (Netto-Liga) wird legalisiert. Jeder zukünftige Regionalligist erhält aus dem Fernsehtopf 97.000 Mark pro Saison (im Süden und Westen sogar das Doppelte), muß dafür aber mindestens zwölf Vertragsamateure (Halb-Profis) nachweisen können.
Eigentlich ist diese Idee gar nicht schlecht - zumindest aus sportlicher Sicht. Andererseits ist es nicht nachzuvollziehen, warum in der neuen Liga - und dem „Abfallprodukt“ Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein - plötzlich die Einnahmen aus Zuschauer- und Sponsorengeldern steigen sollten. In dieser Hinsicht fördert die neue Liga lediglich die Abhängigkeit der Vereine von einem einzelnen Mäzen. Wenn ein Uwe Einsath in Lurup oder ein Günter Wolf beim VfL 93 mal die Lust verliert, ist dort Hopfen und Malz endgültig verloren.
Gänzlich unabhängig wird man nie mehr von Sponsoren sein können - das zeigt das aktuelle Beispiel HEBC. Am vorigen Sonntag feierte die Mannschaft noch den Aufstieg in die Verbandsliga, doch jetzt ist wenig davon übrig geblieben. Nachdem der Hauptgeldgeber ausgestiegen ist, bleiben nur noch fünf Spieler der Aufstiegself. Und auch Trainer Marc Fascher wechselt als „Co“ zum SV Lurup. Die große Chance für die II. Mannschaft des HEBC (Meister der Kreisliga), gleich einige Klassen zu überspringen. Und der 30jährige Christian Wriedt wird - wenn alles glatt läuft - Hamburgs jüngster Verbandsligist-Trainer. Nobby Siegmann
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