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Britischer Liebesbrief an die IRA

■ Die Londoner Regierung schreibt an Gerry Adams

Dublin (taz) – Das diplomatische Pokerspiel um Nordirland geht weiter, ohne daß eine politische Lösung des bereits 25 Jahre andauernden Konflikts näherrückt. Die britische Regierung veröffentlichte am Donnerstag abend einen Katalog von Erläuterungen zur „Downing-Street-Erklärung“, wie Sinn Féin („Wir selbst“) – der politische Flügel der IRA – es fünf Tage zuvor verlangt hatte. Ob die Erklärung vom vergangenen Dezember, in der die Regierungen in London und Dublin einen sehr vagen Friedensplan für Nordirland entworfen hatten, nun für Sinn Féin annehmbarer geworden ist, bleibt aber zweifelhaft.

Kernpunkt der Erklärung war die Aussage, daß Nordirland Teil von Großbritannien bleibt, solange eine Mehrheit der nordirischen WählerInnen das wünscht. Damit relativiert sich in den Augen vieler NordirInnen freilich das „Selbstbestimmungsrecht des gesamten irischen Volkes“, das in der „Downing-Street-Erklärung“ ausdrücklich anerkannt wird.

Während die britische Regierung weiterhin auf die Einstellung sämtlicher IRA-Aktivitäten pocht, bevor Sinn Féin am Verhandlungstisch Platz nehmen darf, ist sie der Partei in verschiedenen anderen Punkten entgegengekommen. Die „konstitutionelle Stellung Nordirlands“, so heißt es in den Erläuterungen, könne durchaus Gegenstand künftiger Verhandlungen sein. Außerdem stellt die britische Regierung die Abschaffung der repressiven Anti-Terrorismus-Gesetze in Aussicht, die „in einem Klima des Friedens irrelevant und obsolet würden“. Und schließlich akzeptiert London zum erstenmal das demokratische Mandat Sinn Féins, die bei Wahlen regelmäßig rund zwölf Prozent der Stimmen in Nordirland gewinnt. Sinn Féin müsse die „Downing-Street-Erklärung“ jedoch keineswegs annehmen, um zu Verhandlungen zugelassen zu werden, betonte die Regierung. Es reiche, wenn die Partei der Gewalt abschwöre.

Mit einer Antwort Sinn Féins ist nicht vor nächster Woche zu rechnen. Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams befindet sich bis Montag auf einer Vortragsreise durch Italien. Der Parteivorsitzende Mitchel McLoughlin sagte gestern, man werde das britische Papier genau studieren, um zu sehen, ob „es die geforderten Erläuterungen enthält“. Ein Sinn-Féin-Mitglied deutete an, daß dieser Prozeß sogar einen Monat dauern könne. „Vor den Europawahlen im Juni wird nichts passieren“, sagte er.

Sinn Féins Handlungsspielraum ist eng geworden. Mit der Forderung nach Erläuterungen hat man versucht, die Entscheidung über die „Downing-Street-Erklärung“ hinauszuschieben. Nachdem Adams Anfang der Woche 20 Fragen schriftlich formuliert und nun – zumindest auf einen Teil der Fragen – eine schriftliche Antwort erhalten hat, ist die Partei in Zugzwang. Britische und irische Politiker und Kirchenvertreter haben den „positiven Schritt“ der britischen Regierung begrüßt. Senator Edward Kennedy, der in der Vergangenheit wiederholt die britische Nordirland-Politik kritisiert hatte, forderte die IRA gestern auf, die Waffen niederzulegen. Lediglich der radikale Protestantenpfarrer Ian Paisley tat das britische Papier als „21seitigen Liebesbrief an Gerry Adams“ ab. Nordirland wartet gespannt auf die Antwort. Ralf Sotscheck

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