■ Soundcheck: Melissa Etheridge / Ursli Pfister / Mule
Gehört: Melissa Etheridge. Der Typ hinter mir ist extra aus „Denmark“ gekommen und singt schon mit, bevor es eigentlich los geht. Gemach. Denn zunächst bringen die Billy Pilgrims, die anders als Melissa den Zenith noch vor sich haben, mit zwei Gitarren die Sporthalle zum Kochen. Dann steht sie da im roten Licht: Melissa Etheridge, die Rock-Lady. Sie singt zwei Stunden - allein, ab und zu vom Publikum unterstützt. Eingestreute Hits wie Bring Me Some Water oder Like The Way I Do können aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß ihre neueren Scheiben den Erfolg des Debuts nicht wiederholen. can
Gehört: Ursli Pfister. Der Rest der zu Twens gewordenen US-Kinderstars Geschwister Pfister, bestehend aus Sonnyboy Ursli und seinem schwyzerdütsch parlierenden Bruder Toni zeigt Familiensinn: Von Schwägerin Maggie wird ein Foto ins Publikum gereicht, Schwester Lilo mit einem Super8-Film zugeschaltet. Neu im Team der swingenden Showtalente ist „Frollein Schneider“ in der Rolle des vollbusigen Dummchens. A pure joy, die neue Pfister-Show, die am Wochendene im TiK zu sehen war, ist eine herrliche Gratwanderung zwischen inszeniertem Größenwahn und Selbstironie, gepaart mit einer ironischen, künstlerisch perfekten Bonsai-Version der Las Vegas-Shows. weh
Heute abend: Mule. Der „Esel“, das Zwischenwesen, bockt. Seine Gene stammen sowohl aus den schwerfällig-warmblütigen Gebieten des tiefsten Südens der USA, wo der Rock, dem Sumpf entstiegen, nie trocknen wird, wie auch aus dem windigen Norden, wo die Gitarren klingen wie Kreisägen, der Wind in den Strommasten und die Blechverformungen in den Autofabriken. Dort, in Detroit, im halbverfallenen Industriebetrieb lebt der Esel und hat sich zum handfesten Großstadtpoeten zurechtgesoffen. Abends treibt es ihn vor die Tür; gezogen vom Leben und gestoßen von blanker Notwendigkeit betritt er die winzigen Bühnen der ewigen Bars und spielt rauhe Lieder, stolpert, rappelt sich wieder auf und pöbelt Außenstehende an. Ganz langsam eskaliert die Stimmung, der Esel brüllt, tritt nach allen Seiten, angefeuert von der johlenden Meute. Wie die Nacht endete, weiß am Morgen wieder niemand zu sagen, nur daß es Leben war und jetzt der Kopf weh tut. Uschi Steiner
MarX, 21 Uhr
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