Standbild: Ziemlich quotig
■ "Wetten daß...? / Das aktuelle Sportstudio"
„Wetten, daß...?/ Das aktuelle Sportstudio“, Samstag, 20.15 Uhr, ZDF
Was für ein Coup: Thomas Gottschalk, Günther Jauch und Harald Schmidt machen gemeinsame Sache: „Wetten, daß...?“ und „Aktuelles Sportstudio“ als abendfüllender Unterhaltungsmix – das duale Kraftpaket sozusagen, mit dem rein quotenmäßig die Konkurrenz in der Tat schwer um Zuschauer ringend auf der Strecke bleiben mußte.
Mehr als drei Stunden hatte ZDF-Unterhaltungschef Fred Kogel seinen Mannen eingeräumt, um die Quizsendung mit Sporteinsprengseln über die Bühne zu bringen. Die Voraussetzungen für seine Torwandübernahme waren günstig: Das „Aktuelle Sportstudio“ hätte an diesem Abend sowieso nur mit astrologisch anmutenden Berichten aus dem Trainingslager der DFB-Kicker aufwarten können, garniert allein mit ein wenig Tennis aus Paris, wo sich die deutschen Herren allerdings gerade reihenweise nach Hause schlagen. Womit also hätte Günther Jauch die Sportsfreunde versorgen sollen? Mit zweiter Bundesliga etwa?
Seit Fred Kogel hat es das ZDF nicht mehr nötig, sich mit Zweitklassigem zufriedenzugeben. Also kein VfL Bochum – dafür um so mehr die deutsche Fußballnationalmannschaft. Und die präsentierte sich so, wie das Volk die Mannen um Berti Vogts liebt: ein bißchen einfältig (Spitze einmal mehr: Lothar Matthäus), gelegentlich außer Takt schunkelnd, aber immer mitmacherisch und allzeit zu harmlosen Scherzchen bereit. Wobei es nicht ohne Pikanterie war, daß die amerikanische Homo-Popgruppe „Village People“ ein Lied mit den Kickern intonierte: ausgerechnet die Band, die gemeinhin noch aus jeder Alltagsszene sexuelle Funken zu schlagen weiß.
Es paßte also mal wieder alles perfekt zusammen bei Thomas Gottschalk, der seine blond gelockten Beine unter der national bedeutsamen Sporthose tapfer zur Schau stellte. Die Wetten waren kurzweilig, die Stars waren Stars (Kathleen Turner – wow!) und die Moderatoren – vor allem Harald Schmidt und Thomas Gottschalk – WM-verdächtig schlagfertig, weil so niederträchtig zotig und ironisch zugleich, daß den DFB-Mannen vorbehalten blieb, ein irres Grinsen auf ihren Mienen einzufrieren.
Dabei, Jauch sagte es richtig, „geht es gar nicht um uns“, vielmehr, tremolierte der ewige Jungspund, ginge „es um Deutschland“, um das „großartige Erlebnis“ der Fußball-WM, mithin um Corporate Identity. Und so liebte man sich, gönnte sich was (zum Beispiel ein Original-WM-Vollkornbrot) und zeigte ein ums andere Mal, daß man doch igendwie eine Firma ist, in der sich die Angestellten zwar gelegentlich einige Sarkasmen und niedliche Infamien nachwerfen (Schmidt!) – aber dann doch niemandem wirklich an die Wäsche wollen. Jedenfalls nicht vor dem Trikottausch nach dem Quotensieg. Jan Feddersen
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