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Ein teurer, aber schöner Luxus

Fußböden aus Kork bieten viele Vorteile, doch auch vom Preis her sind sie mit Parkett vergleichbar / Lack macht die Platten unökologisch  ■ Von Leonard B. Schilling

Knallende Korken sind der Inbegriff des Feierns, dabei ist mit dem Material selbst nur schwer Lärm zu machen: Kork ist ein ausgesprochen flexibler Stoff, der den Schall geradezu aufsaugt. Nach Meinung von Malgorzta Wisniowska bietet er sich daher vorzüglich als Bodenbelag an: „Das Laufgefühl ist angenehmer, außerdem machen Absätze nicht so einen Lärm wie auf Parkett“, schwärmt die Geschäftsführerin von Naturo Bodenbeläge werbewirksam.

Korkplatten sind im Kommen, das steht für die Händlerin in der Kantstraße zweifelsfrei fest, eine Modewelle sei dies nicht. Ihrer Ansicht nach schätzen die Kunden die besonderen Eigenschaften von Kork, wie eben die hohe Trittschalldämmung oder die warme Ausstrahlung. „Außerdem hinterlassen Absätze oder Möbelstücke nur in den seltensten Fällen dauerhafte Eindrücke. Kork gibt nach, die Abdrücke bilden sich zurück.“

Ausschlaggebend sei für viele Kunden, daß der Boden sehr pflegeleicht sei: Mit der richtigen Oberflächenbehandlung könne der Boden problemlos feucht aufgewischt werden; in Kindergärten gebe es daher immer häufiger Korkböden. Und der Hersteller Naturo ergänzt: „Weil Schmutz und Staub keine Chance haben, ist Kork eine vernünftige Wahl für Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen.“ Das bestätigt die Umweltberatungsstelle Berlin, die Allergikern zu Bodenbelägen aus Stein, Fliesen, Linoleum, Parkett oder eben Kork rät. In ihrer Broschüre „Einkaufstips für Allergiker“ lobt sie, daß Kork „fäulnisresistent, auch für Feuchträume geeignet“ sei.

Der Kork ist ökologisch, der Lack meistens nicht

Auch die Arbeitsgemeinschaft Wohnberatung, in der die Wohnberater der Verbraucherzentralen zusammengeschlossen sind, bescheinigt den Korkplatten, daß sie „in allen Bereichen, auch in Küche, Bad und Wohnräumen eingesetzt werden“ können. Sie weist aber darauf hin, daß sich Kunden „das verwendete Bindemittel sowie die bereits erfolgte Oberflächenbehandlung erläutern“ lassen sollten.

Denn die Oberfläche ist der eigentliche Knackpunkt der Korkfußböden, das Material gilt als ökologisch. Alle neun Jahre können Korkeichen geschält werden, was heißt, daß ein Drittel der Rinde vom Baum entfernt wird. Das Wachstum und die Widerstandskraft der Bäume, die vor allem im Mittelmeerraum wachsen, werde dadurch nicht beeinträchtigt, meint Malgorzta Wisniowska.

Erstmalig geschält werden die Eichen nach rund 30 Jahren. Und die Rinde dient in erster Linie der Produktion von Wein- und Sektkorken. Diese müssen nämlich aus einem Stück sein, also aus der dicken Rinde herausgestanzt werden.

Lediglich der Rest wird geschrotet, also in kleine Körnchen zerhackstückelt. Diese werden „unter Beimischung von Naturharzen zu Blöcken verpreßt und dann in dünne Platten geschnitten“, so Naturo. Auf die so hergestellte Trägerschicht wird meist nur eine dünne Furnierschicht aufgeklebt, die dann sichtbar ist. Damit sind die Korkplatten nicht nur ein natürliches, sondern in weiten Teilen sogar ein Abfallprodukt. Wenn da nicht die Beschichtung wäre:

„Ein rein ökologisches Produkt ist Korkboden nicht“, gibt Geschäftsführerin Wisniowska unumwunden zu: „Wir versiegeln die Böden.“ Zwar würden lösungsmittelfreie Lacke genutzt, doch auf natürlicher Basis würden sie nicht hergestellt.

Der Lack läßt sich vermeiden, wenn statt dessen Wachs benutzt wird. Die „Aufarbeitung der abgelaufenen Flächen ist mit relativ wenig Aufwand möglich“, wirbt die Berliner Umweltberatungsstelle für diese Variante. Doch sie sei eben auch oft nötig, hält Wisniowska dagegen. Im Geschäft in der Kantstraße oder der neuen Naturo-Filiale in Spandau habe sie daher häufiger mit Kunden zu tun, die das Wachs leid seien: „Die Anfangsbegeisterung der ökologischen Puristen läßt nach, wenn die lästige Pflege beginnt“, so ihre Erfahrung. Wachs laufe sich schneller ab, es entstünden „Laufstraßen“ in denen sich der Schmutz festsetze. Das müsse zuvor bedacht sein, denn: „Wenn ein Boden einmal gewachst ist, kann er nicht mehr lackiert werden.“

Das Motiv der Kork-Käufer sei ohnehin nur selten ökologischer Natur, die Eigenschaften und das attraktive Aussehen seien Hauptgründe. Und die müssen sich Begeisterte schließlich einiges kosten lassen: Zwar beginnen die Quadratmeterpreise bei etwa 20 Mark, rund 45 Mark kostet aber die gängigste Art. Hinzu kommen für Lack und Kleber rund 25 Mark pro Quadratmeter, und nochmal knapp 30 Mark für die, die nicht selbst verlegen möchten. Rund hundert Mark pro Quadratmeter sind also kein ungewöhnlicher Preis für einen Korkboden, den es dafür in verschiedenen Mustern und Farben gibt. Viel billiger als Parkett ist er nicht, aber leiser.

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