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Stadtwerke lassen Betriebsräte kuschen

■ Neue Betriebsräte dürfen nicht zum DAG-Seminar / Betriebsbote überbrachte Drohbrief

Streit bei den Bremer Stadtwerken. Die Unternehmensführung hat vier frischgebackenen Betriebsräten die Teilnahme an einem Schulungsseminar bei der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) verboten – ein absolutes Novum in der Geschichte des Unternehmens. Begründung: Die vier seien schon einmal, nämlich vor fünf Jahren, Mitglied im Betriebsrat gewesen, und seitdem habe sich am Rechtsrahmen nicht so viel verändert. Die neuerliche Einführung in das Betriebsverfassungsgesetz sei komplett überflüssig, befand der Stadtwerke-Hausjurist und teilte das den vieren am Donnerstag mit – dabei hatten sie sich für ein Seminar angemeldet, das schon heute beginnen sollte. Für jeden Einspruch war die Frist zu kurz. Die Schulung fiel ins Wasser, die Betriebsräte blieben zu Hause.

Vor einem offenen Konflikt hatten die Arbeitnehmervertreter offenbar reichlich Respekt. Das Unternehmen hatte nämlich schweres Geschütz aufgefahren: Wenn die vier trotz des Verbots doch noch an dem Seminar teilnehmen würden, müßten sie mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen, hieß es im Ablehnungsschreiben von der Unternehmensspitze: „Wir werden dann – insbesondere für die besagte Zeit – keine Gehaltszahlung vornehmen und auch die Kosten der Schulung nicht übernehmen.“ Das sind 980 Mark pro TeilnehmerIn.

Ende Mai waren die Betriebsratswahlen bei den Stadtwerken abgeschlossen. Früher war es gängige Praxis, daß sich die neuen Betriebsräte fit machen lassen im Betriebsverfassungsgesetz, selbstverständlich bei voller Lohnfortzahlung und Kostenübernahme durch das Unternehmen. Nicht so in diesem Jahr: Sechs neue Betriebsräte haten am vergangenen Montag bei der Unternehmensführung einen Antrag für die Teilnahme am DAG-Seminar eingereicht, das eine Woche später beginnen sollte. Eine halbe Woche passierte gar nichts, aber am Donnerstag mittag bekamen vier der sechs die schriftliche Ablehnung.

Zwei der vier wurden vom Arbeitsplatz weggeholt, der Jurist aus der Chefetage übergab das Schreiben gleich persönlich. Bei einem anderen hatte er es nicht so leicht mit der Zustellung, denn der Betriebsrat war krank und wohnt in Neuenkirchen. Doch kein Problem für ein so großes Unternehmen. Der Mann fiel aus allen Wolken, als er einem Fahrer der Stadtwerke aufmachte, der den Brief der Unternehmensleitung zu überbringen hatte.

Übrigens: Der besagte Hausjurist, der die DAG-Schulung verhindert hat, heißt Herbert Buchner. Bevor er in die Chefetage der Stadtwerke gewechselt ist, hatte er einen anderen Job, da war er zehn Jahre lang Rechtsschutzsekretär – bei der DAG. J.G.

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