: Telekom muß Daten schützen
■ Oberverwaltungsgericht will umfassende Telefon-Speicherung untersagen
Wenig Neigung zum Datenschutz demonstrierte der Datenschutzbeauftragte der Telekom-Generaldirektion, Thomas Königshofen, am Dienstag vor dem Bremer Oberverwaltungsgericht. Am zweiten Verhandlungstag einer Klage, die die Bremer Anwaltskanzlei Wesemann und Partner gegen die Speicherung der vollständigen Verbindungsdaten aller über das digitale ISDN-Netz abgewickelten Telefonate erhoben hatte (vgl. taz vom 3.6.), sagte er lapidar: „Jeder Kunde weiß doch, was er tut, wenn er ein Funk- oder ein ISDN-Telefon benutzt. Dann werden eben alle Daten gespeichert.“
Erstmals hatte die Telekom mit ihrem obersten Datenschutzbeauftragten einen Vertreter der Bonner Generaldirektion in den Bremer Prozeß geschickt, der bereits seit 1991 geführt wird. Denn am ersten Verhandlungstag hatte der Vorsitzende Richter, Günter Pottschmidt, deutlich gemacht, daß er dazu „neigt“, den Klägern Recht zu geben. Die erste Instanz hatte die Telekom noch mit dem Argument gewonnen, eine umfassende Speicherung der Daten sei „aus technischen Gründen“ unbedingt erforderlich.
Das sieht das Oberverwaltungsgericht ganz anders. Nachdem es am ersten Prozeßtag ausführlich einen Bremer Telekom-Ingenieur befragt hatte, war es zu der Überzeugung gekommen, daß eine Speicherung keineswegs technisch notwendig ist. Tatsächlich ersetzt die Telekom auf ihren Rechnungen inzwischen selber die jeweils letzten drei Ziffern der angerufenen Telefonnummer durch ein X. Und auf Wunsch des Kunden bietet sie sogar die vollständige Löschung aller Daten drei Tage nach Erstellung der Rechnung an.
Eigentlich möchte die Telekom möglichst bald zur Auflistung der vollen Nummern in den Gebührenrechnungen und zur Speicherung der vollständigen Daten über drei Monate zurückkehren. Denn nur auf dieser Grundlage lassen sich längst geplante Spezialtarife im ISDN-Netz einführen. So möchte die Telekom Großkunden einen „Familiy-and-Friends“-Tarif einräumen, der beim Anruf bestimmter festgelegter Nummern niedrigere Gebühren berechnet als Normalkunden.
Noch wichtiger würde die vollständige Datenerfassung bei Visionen wie dem elektronischen Videoladen: Dabei könnten per ISDN-Anschluß Videos direkt in das heimische Abspielgerät geladen werden. Der „Kaufpreis“ würde später mit der Telefonrechnung erhoben.
Daraus dürfte vorerst nichts werden. Richter Pottschmidt deutete an, was das Gericht der Telekom vorschreiben will: Löschung der letzten drei Ziffern aller gespeicherten Telefonnummern und vollständige Löschung aller Daten direkt nach der Rechnungserstellung.
Noch während der Verhandlung hatte die Telekom-Generaldirektion versucht, die Kläger zu einem außergerichtlichen Vergleich zu bewegen und dafür sogar ein großzügiges Geldangebot gemacht. Ohne Erfolg – das Urteil ergeht in den nächsten Wochen schriftlich. Ase / Foto: Nikolai Wolff
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