■ Normalzeit: Wahlkriege & Motivationskrisen
Die SPD führt einen merkwürdigen Wahlkampf: Erst mal erinnert ihr Slogan „Kampf der Mafia“ an dumpfeste „Republikaner“-Sprüche. Und dann kürt sie die PDS auch noch zu ihrem Hauptgegner, wobei ihr Schönredner Thierse (Prenzlauer Bart) sich nicht zu blöde ist, eine schlichte Zurückweisung seiner Zahlen- und Gedankenspielereien über die Herkunft der PDS- Wahlkampfgelder durch Gysi als das Perfideste, was ihm je untergekommen ist, zu bezeichnen. Während Siegfried Scheffler (Köpenick), der ebenfalls zur Bekämpfung der PDS aufruft, gleichzeitig den dortigen PDS- Kandidaten Peter Hartmann höflichst um „Wahlkampfhilfe“ bittet.
In Marzahn wurde unterdes über die Gauck-Schiene dem dortigen SPD-Bürgermeister die Akte des längst verstorbenen und noch länger geschiedenen Ehemannes der Marzahner PDS- Stadträtin für Jugend und Kultur zugeteilt (über die Stadträtin selbst gibt es keine Akte, sie wurde überdies bereits zweimal negativ gegauckt). In der Akte ihres Ex-Ehemannes findet sich jedoch eine verhuschte Unterschrift, mit der sie sich damals, ebenso wie ihr Mann, bereit erklärte, ihre Anschrift als „toten Briefkasten“ zur Verfügung zu stellen. Bis auf zwei auch in der Akte dokumentierte Kontrollsendungen wurde diese Deckanschrift jedoch nie genutzt — und dann auch wieder aufgegeben.
Die Stadträtin wurde wegen dieser Unterschrift vom SPD- Bürgermeister sofort vom Dienst suspendiert – und ist es immer noch! Die Akte ihres Mannes durfte sie nicht einmal einsehen.
Gleichzeitig kommt immer mehr über den SPD-Baulöwen Hans Noetzel und seine Zusammenarbeit mit führenden KoKo- Mitarbeitern seit 1976 raus. Zwischen 1982 und 1986 war Genosse Noetzel sogar Westberliner Generalvertreter der KoKo-Firma Kunst und Antiquitäten GmbH. 1984 stellte er für den jetzigen Berliner SPD-Chef Ditmar Staffelt den Kontakt zu einigen DDR-Firmen her. Seitdem sind die beiden befreundet. 1991 wurde Staffelt gar Gesellschafter und stellvertretender Aufsichtsrat in Noetzels Genossenschaft für Wohnungs- und Bauwesen.
Bei all diesem sozialdemokratischen Sumpf ist es geradezu verwerflich, daß jetzt auch noch mit SPD-Hilfe rund 25.000 Angestellte in den untersten Rängen des öffentlichen Dienstes gegauckt werden: Genausoviele Stellen muß Berlin zufälligerweise bei der Fusion mit Brandenburg abbauen! Wenn das – mit Hilfe des IM-Hammers – geschehen ist, werden die Ost- und Westlöhne endlich angeglichen und etliche tausend Westbedienstete auf KW-(Kann weg!)Stellen können dann im Osten noch mal karrieremäßig einen zulegen.
So bereits geschehen und auch belegbar an der Universität Halle, wo eine Ehrenkommission alle auf Stasitätigkeit überprüfte und das Ministerium gleichzeitig die Vorgabe machte, 120 Stellen abzubauen. Am Ende wurde fast genau 120 Uni-Bediensteten wegen einer IM-Tätigkeit gekündigt. Welch ein – mafioser – Zufall!
Und dann noch das Plakat „Deutsche Interessen besser vertreten“. Dazu hält eine Avon-Beraterin mit Staubmaske Helmut Schmidts Herzschrittmacher in die Höhe! Helmut Höge
Serie wird fortgesetzt
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