: Info-Monopoly
■ Kirch & Bertelsmann & Telekom
Berlin (taz) – Das Bundeskartellamt versucht eine spektakuläre Firmengründung unter seine Kontrolle zu bekommen, die die Deutsche Telekom, Bertelsmann und Filmhändler Leo Kirch im Mai vertraglich besiegelt haben. Mit einem förmlichen Antrag verlangt die Berliner Aufsichtsbehörde von den Europäischen Kartellwächtern in Brüssel, ihr den Fall der Media Service GmbH zuständigkeitshalber zu überweisen. Sie will prüfen, ob die neue Firma Marktbeherrscherin sein würde.
Mit der Media Service GmbH wollen der Bonner Kabel-Monopolist Telekom, Bertelsmann und der Münchner Filmgroßhändler und Springer-Teilhaber Leo Kirch sämtliche Dienstleistungen für kommende (interaktive) Pay TVs im weitesten Sinn entwickeln undfeilbieten. Damit besitzt die kapitalkräftige Dreier-Allianz nun alle relevanten Sektoren für das Zukunftsgeschäft mit der digitalen, datenkomprimierten Medien- Kommunikation auf dem Info- Highway: Die Media Service ist sozusagen die zum Multimedia-Verbund bisher noch fehlende Autobahngesellschaft.
Das Multimedia-Triumvirat Telekom/Bertelsmann/Kirch hatte den versierten Wirtschaftsanwalt Joachim Theye, der für Kirch bereits das Springer-Geschäft juristisch geschaukelt hatte, damit betraut, die gesetzliche Tolerierung für die Gemeinschaftsunternehmung mit 200 Millionen Mark Grundkapital sicherzustellen. Mit dem durchsichtigen Argument, Kommunikation kenne keine Grenzen, meldete der mit der Bonner Szenerie bestens vertraute Sozius von Ex-Außenminister Genscher die neue in Berlin ansässige Firma seiner deutschen Klienten am 6. Juni in Brüssel zur kartellrechtlichen Prüfung nach EU- Recht an. Danach gilt für Fusionen oder Firmengründungen eine Finanzkraft-Grenze von fünf Milliarden Ecu (rund zehn Milliarden Mark). Und die Brüsseler Behörde gilt als großzügig. Allerdings ging wie immer in solchen Fällen ein Doppel an die heimatliche Kartellbehörde, das Bundeskartellamt. Und das kam nach eingehender Prüfung vergangene Woche zu dem Schluß, daß es sich bei der Media Service GmbH, wie Kartellamts-Sprecher Jürgen Kiecker sagt, „nicht um ein konzentratives, sondern um ein kooperatives Bündnis“ handelt, das demzufolge deutschem Kartellrecht unterliegt. Lehnt das Brüssler Amt die Überweisung ans Bundeskartellamt ab, bliebe nur eine Klage beim Europäischen Gerichtshof. Diese müßte allerdings die Bundesregierung führen. Ulla Küspert
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