: Viel Lärm um Krach
■ Fluglärm ging 1993 leicht zurück / Airlines fordern Lockerung des Nachtflugverbots Von Marco Carini
„Relativ niedrig“, so Umweltbehördensprecher Kai Fabig enttäuscht, sei 1993 der „Rückgang des Fluglärms“ ausgefallen. Obwohl die Zahl der Starts und Landungen auf dem Fuhlsbüttler Airport im vergangenen Jahr erstmals geringfügig abnahm (-0.9 Prozent), sanken die Dauerlärmwerte nur an zwei von elf Meßstellen um mindestens ein Dezibel. An drei Meßpunkten nahm der Krach sogar geringfügig zu.
Der Grund: Zwar nahm die Zahl der lauten Jets zugunsten der sogenannten „Flüster-Flugzeuge“ weiter ab, doch auch der Einsatz der generell vergleichsweise leisen Propellermaschinen nahm drastisch ab. Der Trend geht zum Großraumjet und zur besseren Auslastung der Flugzeuge: Während die Zahl der Flugbewegungen in Fuhlsbüttel 1993 um 1304 abnahm, stieg die Zahl der Passagiere um 420.000 im Vergleich zu 1992.
Um trotz Flug-Boom den Krach in Grenzen zu halten, fordert der Hamburger Fluglärmschutzbeauftragte Heinz Tunn eine Verschärfung des Nachtflugverbots und die Auslagerung von Flügen auf den im Ausbau befindlichen Flughafen in Parchim. Möglichst ab 22 Uhr, spätestens aber eine Stunde danach, sollte in Fuhlsbüttel generell Ruhe herrschen. Laute und verspätete Maschinen müßten Mecklenburg anfliegen. Auch die zwei Postmaschinen, die jede Nacht zwischen 1.30 und 2.30 Uhr den Airport-AnwohnerInnen den Schlaf rauben, sollten entweder früher oder nur noch in Parchim landen.
Daneben fordert der Fluglärmschutzbeauftragte den Bau einer neuen Lärmschutzhalle, in der alle für die Überprüfung der Lärmtauglichkeit notwendigen Standläufe stattfinden können. Die alte ist zu klein, Mammut-Maschinen wie die Boing 767 oder der Airbus 300 finden in ihr keinen Platz. Noch wichtiger aber sei es, die Zahl der jährlichen Flugbewegungen auch im kommenden Jahrzehnt auf „höchstens 171.000“ (heute 142.000) zu begrenzen. Tunn: „Der Mensch braucht einfach Lärmpausen“.
Denn Tunn weiß, daß der Referentenentwurf für ein norddeutsches Flugverkehrskonzept, der noch einmal überarbeitet und dann im Dezember von den Wirtschaftsministern und -senatoren der Nordländer beraten werden soll, langfristig von über 200.000 ausgeht. Zur Lärmbegrenzung fordert das 118-Seiten-Papier vor allem die Start-und Landegebühren für laute Maschinen und Jets die zu den Spitzenzeiten am frühen Morgen und späten Abend landen, empfindlich anzuheben.
Weitere Maßnahmen ,wie etwa die Einführung von Lärm- und Flugzahlobergrenzen oder die Verlegung des Charterverkehrs von Fuhlsbüttel nach Hannover-Langenhagen werden in dem Konzept als „dirigistische“ und „rechtlich fragwürdige“ Eingriffe verworfen. Auch eine Ausweitung des Nachtflug-Verbots wird abgelehnt.
Dabei stehen die Verbots-Befürworter derzeit ohnehin mit dem Rücken zur Wand. Ausgelöst durch den Streik der französischen Fluglotsen und die dadurch zustandekommenden Abflug-Verschiebungen fordern viele der Hamburg anfliegenden Airlines eine Lockerung der Nachtflug-Bestimmungen und eine generelle Erlaubnis sich zu verspäten. Die werden sie von der zuständigen Umweltbehörde zwar nicht erhalten, doch das heißt auch: Neuer Krach um die „Flüsterjets“ ist bereits vorprogrammiert.
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