Bei Barzahlung kein Berufsverbot

■ Stasibelastete Anwälte können in Thüringen nach einer Spende in die Hilfskasse für bedürftige Juristen weiterarbeiten

Hamburg/Erfurt (dpa) – Stasibelastete Rechtsanwälte können in Thüringen in Einzelfällen gegen Zahlung einer Geldspende weiterarbeiten. Gegen Zahlungen in die Hilfskasse für bedürftige Rechtsanwälte seien Verfahren gegen zwei Anwälte eingestellt worden, berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe. Ihnen hatte die Zulassung entzogen werden sollen.

Den Worten von Justizstaatssekretär Karl-Heinz Gasser zufolge sind die Spenden Teil eines Vergleichs. Auf diesen hätten sich das Ministerium und die Anwälte vor dem Berufsgerichtshof für Rechtsanwaltssachen in Jena geeinigt, sagte Gasser am Samstag.

Dem Spiegel-Bericht zufolge drohte das Thüringer Justizministerium einem Erfurter Strafverteidiger schriftlich an, ihm die Zulassung zu entziehen. Begründung: Der frühere DDR-Jurist habe bei seiner Bewerbung um eine Zulassung Anwerbungsgespräche des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit verschwiegen.

Das Justizministerium habe ihm schließlich im vergangenen Monat angeboten, seine Lizenz als Anwalt behalten zu dürfen, wenn er 5.000 Mark spende. Ein anderer Strafverteidiger habe 10.000 Mark in die Hilfskasse gezahlt, um seine Zulassung zu behalten. Er habe in der DDR zehn Jahre lang als Inoffizieller Mitarbeiter für die Stasi Spitzeldienste geleistet.

Das Nachrichtenmagazin zitiert einen Experten für Standesrecht und Anwalt in Freiburg. Dieser stuft die in Thüringen angewandte Praxis als „klassischen Fall des Verkaufs von Hoheitsakten“ und somit „eindeutig gesetz- und verfassungswidrig“ ein.

Nach den Worten von Gasser ist die Einstellung von Verfahren gegen eine Geldstrafe normal. Er habe keine Bedenken, diesen Weg auch in Zukunft zu gehen. Die Darstellung, das Ministerium habe eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung der Spenden angeboten, sei jedoch „schlicht falsch“. Der Vergleich sei erst auf dringendes Anraten des Berufsgerichts zustande gekommen, sagte der Justizstaatssekretär. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe habe entschieden, in nicht schwerwiegenden Fällen sei ein Entzug der Zulassung eine zu harte Strafe.